Veröffentlichungen

Mag. Matthias Trauner ist Autor diverser Fachpublikationen, insbesondere im Bereich des öffentlichen Rechts, des Wettbewerbsrechts und des Vergaberechts und zwar unter anderem folgender Fachpublikationen:

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Eine Bastion fällt

Der Entwurf zur Änderung des Bundesvergabegesetzes (BVergG Novelle 2011) ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wie bei der Vergabe von Aufträgen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich Fairness ­einziehen soll, fasst Rechtsanwalt Matthias Trauner kurz zusammen.

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Eine Bastion fällt

19.09.2011, Matthias Trauner, Heid Schiefer Rechtsanwälte in Wien
Beschaffung Verteidigung Sicherheit

Der Entwurf zur Änderung des Bundesvergabegesetzes (BVergG Novelle 2011) ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wie bei der Vergabe von Aufträgen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich Fairness ­einziehen soll, fasst Rechtsanwalt Matthias Trauner kurz zusammen.

Der Sicherheitsaspekt ist bisher ein starker Grund, um Vergaben nicht wie im klassischen oder im Sektorenbereich durchzuführen. Damit soll zukünftig Schluss sein. Der Entwurf der Umsetzung der Richtlinie für die Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich – namens RL 2009/81/EG und in der Folge „VergabeRL-VS" – des Bundeskanzleramtes liegt nun vor. Die VergabeRL-VS ist auf Ebene der Mitgliedstaaten bis 13. August 2011 umzusetzen und betrifft sowohl Bauaufträge als auch Liefer- und Dienstleistungen.

Eigenständiges Gesetz

Der österreichische Gesetzgeber wird die Umsetzung der VergabeRL-VS nicht durch eine Änderung des BVergG durchführen. Es ist nicht vorgesehen, das BVergG durch Einfügen eines neuen Teils namens „Verteidigung und Sicherheit" im Sinne des dritten Teils für Sektorenauftraggeber zu erweitern. Nein, ein weiteres Vergabegesetz, kurz BVergG-VS, soll erlassen werden. Der Entwurf des BVergG-VS kann unter http://www.bka.gv.at/site/5102/Default.aspx (link is external) abgerufen werden. Stellungnahmen zu diesem Gesetzesentwurf des Bundeskanzleramtes können noch bis 23. September 2011 erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass der jetzige Text noch abgeändert wird, und das Dargestellte nur der vorläufige Stand der Dinge ist.

Fairer und lauterer Wettbewerb

Zweck dieses neuen Gesetzes ist es, die „Nichtdurchführung" von Vergabeverfahren mit dem Verweis auf Sicherheitsaspekte abzustellen und sohin auch beispielsweise die Vergabe von Bauaufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich einem fairen und lauteren Wettbewerb zu unterziehen. Aufgrund eines Auffangtatbestands ist davon auszugehen, dass – abgesehen von den im genannten Gesetzesentwurf aufgezählten Ausnahmen wie die Beschaffung für Nachrichtendienste – sämtliche Bauleistungen im Bereich der Verteidigung und Sicherheit entweder nach dem BVergG-VS oder nach dem BVergG auszuschreiben sind.

Länder werden nachziehen

Aufgrund der besonderen Vertraulichkeit bei Beschaffungen im Anwendungsbereich der VergabeRL-VS bzw. des BVergG-VS erscheinen auch geringfügige Änderungen der Vergabekontrollgesetze der Länder notwendig. In diesem Zusammenhang liegt etwa bereits ein Entwurf, mit dem das Wiener Vergabeschutzgesetz 2007 geändert werden soll, vor. Eine endgültige Beurteilung der kurz dargestellten Änderungen ist erst nach Vorliegen der „Endfassung" der Gesetzesänderungen beziehungsweise nach Erlassung des BVergG-VS möglich.

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Höhere Kosten für Kontrolle

Geringfügig, aber dennoch erhöhten sich die Kosten für den Weg zur Vergabekontrolle. Seit 1. September sind die neuen Tarife gültig. Hier eine Übersicht von Matthias Trauner.

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Höhere Kosten für Kontrolle

30.09.2011, Matthias Trauner, Heid Schiefer Rechtsanwälte in Wien
Beschaffung Rechtsschutz Gebühr Kosten Antrag

Geringfügig, aber dennoch erhöhten sich die Kosten für den Weg zur Vergabekontrolle. Seit 1. September sind die neuen Tarife gültig. Hier eine Übersicht von Matthias Trauner.

Mit dem BGBl II 281/2011, ausgegeben am 23. 8. 2011, wurden die Gebühren, zuletzt festgesetzt mit § 1 der Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung 2010, BGBl II 72/2010, für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes seit dem 1. 9. 2011 erhöht:

Direktvergaben

Direktvergaben: 219,– €
Direkte Zuschlagserteilungen im Oberschwellenbereich: 657,– €
Direkte Zuschlagserteilungen im Unterschwellenbereich: 328,– €

Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellen­bereich

Bauaufträge: 438,– €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 328,– €
Geistige Dienstleistungen: 383,– €

Nichtoffene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellen­bereich

Bauaufträge: 657,– €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 383,– €

Sonstige Verfahren im Unterschwellenbereich

Bauaufträge: 2.736,– €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 875,– €

Sonstige Verfahren im Oberschwellenbereich

Bauaufträge: 5.472,– €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 1.751,– €

Die Erhöhungen für die Nichtigkeits- oder Feststellungsanträge sind geringfügig, da etwa im Falle der Anfechtung einer unzulässigen Direktvergabe nunmehr 219,– € statt bisher 208,– € zu entrichten sind.

Vergünstigungen bleiben

Die weiteren Festlegungen der Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung 2010, BGBl II 72/2010, bleiben unverändert, sodass die Gebühr für Anträge, mit denen Ausschreibungs- oder Teilnahmeunterlagen angefochten werden, nur 25 Prozent der obigen Gebühren betragen.

Weiters sind für einen Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung 50 % und für einen nochmaligen Nachprüfungsantrag im selben Vergabeverfahren 80 % der obigen Gebühren zu entrichten.

Für den Fall, dass der Antrag vor der Anberaumung der mündlichen Verhandlung zurückgezogen wird oder – wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird – der Antrag vor Erlassung des Bescheides zurückgezogen wird, sind nur 50 % der Gebühr zu entrichten. Wird der Antrag erst nach der Anberaumung der mündlichen Verhandlung, aber vor Durchführung der mündlichen Verhandlung zurückgezogen, so ist eine Gebühr von 80 % zu entrichten.

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Entscheidender kleiner Unterschied

Europäische Grenzdefinition: Ob ein Beauftragter bei der Erschließung von Grundstücken eine Bauleistung oder eine Dienstleistung erbringt, macht einen wesentlichen Unterschied. Worauf Unternehmen achten sollten, um den öffentlichen Auftrag auch wirklich zu bekommen.

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Entscheidender kleiner Unterschied

22.07.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Dienstleistung Bau Abgrenzung

Europäische Grenzdefinition: Ob ein Beauftragter bei der Erschließung von Grundstücken eine Bauleistung oder eine Dienstleistung erbringt, macht einen wesentlichen Unterschied. Worauf Unternehmen achten sollten, um den öffentlichen Auftrag auch wirklich zu bekommen.

Der europäische Gerichtshof hat sich mit der Frage um die Auftragsart auseinandergesetzt. Der Anlassfall passierte in Südeuropa. In Spanien sind für die Erschließung von Grundstücken diverse Verfahren vorgesehen. So kann etwa für die mittelbare Umsetzung eines sogenannten „integrierten Aktionsprogramms“ ein Erschließungsbeauftragter herangezogen werden. Dieser muss nicht zwingend der Grundstückseigentümer sein.

Der Erschließungsbeauftragte erhält von der öffentlichen Hand keine direkte Vergütung, sondern wird etwa vom Grundeigentümer bezahlt. Die Benennung des Erschließungsbeauftragten erfolgt nach Durchführung eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens, das nach Ansicht der Europäischen Kommission nicht den Vorgaben der Vergaberichtlinie, im Besonderen der Vorschriften für öffentliche Bauaufträge entspricht.

Spanien rechtfertigt sich mit dem Hinweis, dass es sich um ein Bündel von Dienst- und Bauleistungen handelt und mangels Vergütung durch die öffentliche Hand von einer – nicht der Vergaberichtlinien unterliegenden – Dienstleistungskonzession auszugehen ist. Es folgte eine Klage.

Verfahrenswahl und „Splitting“

Ob ein öffentlicher Auftrag ein Bau- oder Liefer- beziehungsweise Dienstleistungsauftrag ist, ist von großer Bedeutung. Denn für Bauleistungen und Dienstleistungen gelten andere Schwellwerte, die bei der Wahl des Vergabeverfahrens angewendet werden müssen. Grundsätzlich gilt: Der Auftragswert darf nicht „gesplittet“ werden, um mit kleineren Summen das Vergaberecht zu umgehen. Weiters ist bei mehrjährigen Leistungen derjenige Auftragswert maßgebend, der einem Leistungszeitraum von vier Jahren entspricht.

Lose und Direktvergabe

Der Auftraggeber kann den Auftrag in Teilen – „in Losen“ – vergeben, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. In so einem Fall sind die Auftragswerte der Lose zu kumulieren, um den Gesamtauftragswert zu ermitteln und das Vergabeverfahren zu wählen.

Für Bauaufträge im Unterschwellenbereich bestehen wesentliche Erleichterungen: Wenn bei einem Bauauftrag unter einem Wert von 4,845 Millionen Euro jedes einzelne Los unter 100.000 Euro Auftragswert liegt, kann der Auftraggeber die Aufträge losweise an die Unternehmen direkt vergeben (§ 14 Abs 4 BVergG).

Die Direktvergabe ist ein vereinfachtes und rasches Vergabeverfahren. Daneben ist im Oberschwellenbereich die 20-­Prozent-Regel und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Unterschwellenbereich die 40-Prozent-Regel anwendbar.

Klage abgewiesen, aber klargestellt

Der Europäische Gerichtshof hat am 26. Mai 2011 in der Entscheidung Rs C-306/08, Kommission/Spanien zur Abgrenzung zwischen den Auftragsarten deutlich Stellung genommen. Diese Klage wurde abgewiesen, da die Europäische Kommission das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nicht hinreichend nachgewiesen hat. Insbesondere zur Abgrenzung von Dienst- und Bauleistungen. Die Klage wurde abgewiesen, trotzdem ist die Sache bedeutungsvoll für die zulässige Wahl des Vergabeverfahrens.

Vorrangige Vertragsverpflichtung

Der Gerichtshof führte aus, dass jeder Vertrag ein „öffentlicher Bauauftrag“ ist, der die Ausführung oder die gleichzeitige Ausführung und Planung eines Bauvorhabens oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen zum Inhalt hat.

Bauleistungen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht den Inhalt des Vertrags ausmachen, können nicht zur Einordnung des Vertrags als öffentlicher Bauauftrag führen.

Nach dieser Rechtsprechung bestimmt der Hauptgegenstand des Vertrags, welche Rechtsvorschriften der Union über öffentliche Aufträge grundsätzlich Anwendung finden, wenn ein Vertrag zugleich Elemente eines öffentlichen Bauauftrags und Elemente eines öffentlichen Auftrags anderer Art aufweist. Dabei ist auf die wesentlichen vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Auftrag als solche prägen, und nicht auf die Verpflichtungen bloß untergeordneter oder ergänzender Art, die zwingend aus dem eigentlichen Gegenstand des Vertrags folgen.

Fazit: Unternehmer, die an öffentlichen Aufträgen interessiert sind, müssen achtsam sein. Für den Fall, dass eine Vergabe durch eine Direktvergabe erfolgt, sind die Auftragsart und der Auftragswert anhand des Leistungsbildes zu prüfen. Erst danach kann entschieden werden, ob die Wahl der Direktvergabe durch den Unternehmer angefochten wird. Die Anfechtungsfrist bei Direktvergaben beträgt sieben Tage nach dem § 321 Abs. 3 BVergG.

Mag. Matthias Trauner
Rechtsanwalt
www.heid-schiefer.at

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Vergaberechtliche Grenzen

Im Zuge der Angebotslegung zur Erlangung eines Bauauftrags werden häufig Bietergemeinschaften gegründet. Das Recht auf die Bildung von Bietergemeinschaften ist durch das Kartellrecht und – wie das BVA am 30. 11. 2010 zu GZ N/0037-BVA/13/2010-108 ausgesprochen hat – insbesondere durch das Vergaberecht beschränkt.

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Vergaberechtliche Grenzen

01.04.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Bietergemeinschaft (Biege) Bildung

Im Zuge der Angebotslegung zur Erlangung eines Bauauftrags werden häufig Bietergemeinschaften gegründet. Das Recht auf die Bildung von Bietergemeinschaften ist durch das Kartellrecht und – wie das BVA am 30. 11. 2010 zu GZ N/0037-BVA/13/2010-108 ausgesprochen hat – insbesondere durch das Vergaberecht beschränkt.

Eine Auftraggeberin hat Wasserbau­arbeiten im Oberschwellenbereich mittels Verhandlungsverfahren nach europaweiter Bekanntmachung ausgeschrieben. An diesem Vergabeverfahren hat sich eine Bietergemeinschaft (kurz „Biege“) betei­ligt. Die vier Mitglieder dieser Biege haben in den letzten Jahren 99 Prozent aller einschlägigen Arbeiten der Auftraggeberin durchgeführt. Mit dem oben genannten Vergabekontrollverfahren wurde die (zweite) Bekanntgabe der Zuschlagentscheidung, lautend auf diese Biege, fristgerecht bekämpft. Die Antragstellerin brachte im Wesentlichen vor, dass das Angebot der Biege auszuscheiden ist, da der Zusammenschluss dieser vier Unternehmen kartellrechts- bzw. wettbewerbswidrig sei.

In der Folge führte das BVA ein umfangreiches Beweisverfahren samt Beiziehung eines Sachverständigen durch, um zu klären, ob die vier Mitglieder der Biege jeweils alleine oder zu zweit oder zu dritt über ausreichende Kapazitäten zur Durchführung des Auftrags verfügen. Die Beantwortung dieser Frage erfolgte auch mit bzw. ohne Berücksichtigung der Möglichkeit des Zukaufes von Leistungen Dritter am Markt. Im Ergebnis hat das BVA – nach umfangreicher Erörterungen des Sachverständigengutachtens – festgestellt, dass es sowohl einem Mitglied der Biege samt dem Zukauf von Leistungen wie auch anderen möglichen Bietergemeinschaften, bestehend aus zwei bzw. drei Mitgliedern, der Biege möglich gewesen wäre, konkurrierende Angebote zu legen.

Achtung Wettbewerb

Das BVA vernichtete die angefochtene Zuschlagsentscheidung und begründete dies wie folgt: „Bieter haben zur Zielerreichung (z. B. Angebotslegung) eine Vorgehensweise zu wählen, die zur gelindesten Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt. […] Stimmen sich aber gerade diese 4 Unternehmen, die in den letzten Jahren (mehr als) 5 Jahren über 99 % aller einschlägigen Arbeiten im Auftrag der Auftraggeberin durchgeführt haben durch die Bildung und Aufrechterhaltung einer Biege ab, obwohl die Bildung dieser Biege zur Abgabe eines Angebots nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre, zeigt dies, dass es sich um einen vermachteten und durch Absprachen geregelten Anbietermarkt […] handelt und dass hier zur Angebotslegung nicht die Vorgehensweise gewählt wurde, die zur gelindesten Beeinträchtigung des Wettbewerbs führt.

Deshalb handelt es sich bei der Bildung und Aufrechterhaltung der Biege um eine für den Auftraggeber nachteilige gegen den Grundsatz des Wettbewerbs verstoßende Abrede iSd § 129 Abs 1 Z 8 BVergG.“ Bauunternehmen, die zum Zwecke der Erlangung eines Bauauftrags eine Bietergemeinschaft bilden, sind gut beraten, die Anzahl ihrer Mitglieder bzw. die Bündelung ihrer Leistungsfähigkeit auf das „unbedingt erforderliche Maß“ zu reduzieren, um den freien und lauteren Wettbewerb nicht mehr als notwendig zu beschränken. Widrigenfalls droht das Ausscheiden des Angebots und somit der Verlust der Chance auf Auftragserteilung.

Mag. Matthias Trauner
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
Landstraßer Hauptstraße 88/2–4
A-1030 Wien
T +43(0)1/9669 786
www.heid-schiefer.at

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Chance verspielt

Schlüsselpersonal und Werkvertrag: Nur wegen eines Formalfehlers aus einem Verfahren auszuscheiden ist eine bittere Sache für den Unternehmer. Bei Schlüsselpersonal ist genau darauf zu achten, ob es sich um Dienstnehmer oder Subunternehmer handelt. Wie das Bundesvergabeamt dies jüngst klärte und begründete.

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Chance verspielt

12.08.2011, Matthias Trauner
BVA Vergabe Kontrolle Eignung Schlüsselpersonal Vertrag

Schlüsselpersonal und Werkvertrag: Nur wegen eines Formalfehlers aus einem Verfahren auszuscheiden ist eine bittere Sache für den Unternehmer. Bei Schlüsselpersonal ist genau darauf zu achten, ob es sich um Dienstnehmer oder Subunternehmer handelt. Wie das Bundesvergabeamt dies jüngst klärte und begründete.

Öffentliche Auftraggeber fordern im Zuge von Vergabeverfahren häufig den Nachweis von qualifiziertem Schlüsselpersonal. Über die Eignungsprüfung hinaus wird die konkrete Qualifikation des benannten Schlüsselpersonals häufig auch als Auswahlkriterium bewertet. Demgemäß sind Unternehmen, die an solchen Vergabeverfahren teilnehmen, grundsätzlich an der Benennung von Schlüsselpersonal interessiert. Schlüsselpersonal entspricht den festgelegten Auswahlkriterien, und mit ihm erzielt der Anbieter in der Folge die bestmögliche Bewertung.

Aus diesen Gründen werden nicht nur eigene Dienstnehmer, sondern auch etwa Werkvertragspartner als Schlüsselpersonal benannt. Grundsätzlich hat der Bieter in seinem Angebot – im Falle eines zweistufigen Verfahrens mit dem Teilnahmeantrag – Folgendes zu beachten: Zwingend sind jene Subunternehmer zu benennen, deren Kapazität oder Leistungsfähigkeit oder Befugnis „erforderlich“ sind, um die Eignung nachzuweisen. Das ist der im Bundesvergabegesetz siehe § 83 Abs 2 BVergG 2006 idF BGBl I 15/2010 so genannte „erforderliche“ oder „notwendige“ Subunternehmer.

Bei der Erstellung von Teilnahmeanträgen oder von Angeboten sind insbesondere auch die bestandsfesten Festlegungen des Auftraggebers zu beachten – beispielsweise die zwingende Benennung von (bloß) „zweckmäßigen“ Subunternehmern. Das Bundesvergabeamt hat das Verhältnis von benanntem, auf Werkvertragsbasis beschäftigtem Schlüsselpersonal und (nicht) benannten Subunternehmern in der aktuellen Entscheidung BVA 28.3.2011, N/0002-BVA/04/2011-23 klargestellt.

Lediglich Werkvertragsbasis

Ein öffentlicher Auftraggeber hat in einem zweistufigen Verhandlungsverfahren die Implementierung einer Software gemäß BVergG 2006 ausgeschrieben. Die (spätere) Antragstellerin wurde nicht zur zweiten Verfahrensstufe eingeladen beziehungsweise nicht berücksichtigt. Diese Teilnehmerin hat die Nichtzulassung zur zweiten Verfahrensstufe angefochten. Eine vom Bewerber benannte Schlüsselperson war „lediglich“ auf Werkvertragsbasis für die Antragstellerin tätig. Das Bundesvergabeamt hat diesen Antrag abgewiesen, da der betreffende Teilnahmeantrag mangels Abgabe einer Subunternehmererklärung der Schlüsselperson nicht berücksichtigt werden darf.

Die Gründe der Entscheidung

Das Bundesvergabeamt stützte seine Entscheidung insbesondere darauf, dass im konkreten Fall der Antragsteller in einem Formblatt seines Teilnahmeantrages eindeutig bekanntgab, dass er sein Angebot als Einzelbewerber lege und nicht beabsichtige, sich eines Subunternehmers zur Leistungserbringung zu bedienen. Das Beweisverfahren ergab, dass die benannte Schlüsselperson nur auf Werkvertragsbasis tätig ist. Daraus ergibt sich, dass die Schlüsselperson im maßgeblichen Zeitpunkt der Legung des Teilnahmeantrages als selbstständig Tätiger einzustufen ist. Dies bedeutet, dass die betreffende Person im Teilnahmeantrag als Subunternehmer namhaft zu machen gewesen wäre.

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Leistungsabrechnung und Ausscheiden

Ein Bauunternehmen hat in Abstimmung mit dem Projektleiter eines öffentlichen Auftraggebers einem Lieferanten einen Betrag von rund 43.000 Euro bezahlt.

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Leistungsabrechnung und Ausscheiden

04.02.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Ausscheiden Verlust

Ein Bauunternehmen hat in Abstimmung mit dem Projektleiter eines öffentlichen Auftraggebers einem Lieferanten einen Betrag von rund 43.000 Euro bezahlt.

Ein Betrag von rund 17.000 Euro ist – möglicherweise einvernehmlich – im Zuge der Abrechnung eines anderen Projekts demselben Auftraggeber von dem Bauunternehmen wieder in Rechnung gestellt worden. Diese Rechnungslegung hat der Auftraggeber zum Anlass genommen, den eigenen Projektleiter zu entlassen und im Zusammenhang mit dem Bauunternehmer eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Weiters ist das Bauunternehmen bei einem weiteren Vergabeverfahren wegen Vorliegens einer schweren Verfehlung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit ausgeschieden worden. Das Bauunternehmen hat diese Ausscheidensentscheidung angefochten, da keine rechtskräftige Verurteilung erfolgt sei, die allenfalls ein Ausscheiden begründen würde. Das BVA hat diesem Nachprüfungsantrag stattgegeben.

Der VwGH hat diesen Bescheid des BVA aufgehoben und weitere behördliche Prüfschritte wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften eingefordert. Weiters hat der VwGH im Rahmen dieser Entscheidung Stellung im Zusammenhang mit dem Ausscheidensgrund einer strafrechtlichen Verurteilung und dem Ausscheidensgrund einer schweren beruflichen Verfehlung genommen.

Die bewusste Verrechnung einer nicht erbrachten Leistung von mehr als 17.000 Euro stellt nach Ansicht des VwGH – unabhängig von der strafrechtlichen Qualifikation – eine „schwere Verfehlung“ gemäß § 68 Abs 1 Z 5 BVergG dar. Nach § 68 Abs 1 Z 5 BVergG ist aber nicht nur entscheidend, dass die schwere Verfehlung begangen wurde, sondern dass die Begehung auch vom Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde. Es muss daher einerseits eine schwere Verfehlung – objektivierbar – vorliegen und andererseits diese schwere Verfehlung bereits – im Zeitpunkt des Ausscheidens des Angebots – vom Auftraggeber festgestellt worden sein. Im BVergG ist nicht ausdrücklich festgelegt, wie der Nachweis einer derartigen Verfehlung zu erfolgen hat. Jedoch muss es sich grundsätzlich um einen objektivierbaren Nachweis handeln. Von einem derartigen Nachweis durch den Auftraggeber kann abgesehen werden, wenn der Bieter das Vorliegen der Verfehlung zumindest implizit selbst anerkannt hat (VwGH 8.10.2010, 2009/04/0214).

Vielzahl an Verteidigungsrechten

Anzumerken ist, dass ein Beschuldigter bzw. ein Angeklagter in einem gerichtlichen Strafverfahren eine Vielzahl von gesetzlich gewährleisteten Verteidigungsrechten, Rechtsmitteln etc. bis zur rechtskräftigen Entscheidung hat. Darüber hinaus hat eine strafrechtliche Verurteilung nur zu erfolgen, wenn sämtliche vertypten Tatbestandsmerkmale (z. B. Bereicherung) nachweislich gegeben sind. Die „Hürde“ des Ausscheidensgrundes wegen einer strafrechtlichen Verurteilung erscheint daher um vieles „höher“ als der (bloße) objektivierte Nachweis und die Feststellung einer schweren Verfehlung durch den Auftraggeber. Diese Entscheidung des VwGH – wonach bereits bei jedem objektivierbaren und nachweislichen festgestellten Abrechnungsfehler ein Ausscheiden bei Folgeprojekten zulässig sein kann – könnte in der Baupraxis weitreichende Folgen haben, da es z. B. im Rahmen der Rechnungslegung und der folgenden Rechnungsprüfung von z. B. Einheitspreisverträgen zu – wenn auch nur geringfügigen – Differenzen kommen kann.

Praxistipp: „Unregelmäßigkeiten“ bzw. „kreative Rechnungslegungen“ können bei der Abrechnung von Bauleistungen zum Ausscheiden in weiteren Vergabeverfahren und somit zum Verlust der Chance auf Auftragserteilung führen. Bauunternehmen sind daher gut beraten, keine (einvernehmlichen) „kreativen“ Rechnungslegungen von Leistungen vorzunehmen, auch wenn dieses Vorgehen strafrechtlich unbedenklich wäre.

Mag. Matthias Trauner
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Änderung des Leistungsgegenstands

Eine öffentliche Auftraggeberin (in der Folge „AG“) hat einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich in einem offenen Verfahren EU-weit ausgeschrieben.

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Änderung des Leistungsgegenstands

05.11.2010, Matthias Trauner
Beschaffung Änderung Leistung Grenze Oberschwelle

Eine öffentliche Auftraggeberin (in der Folge „AG“) hat einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich in einem offenen Verfahren EU-weit ausgeschrieben.

Die AG hat im Leistungsverzeichnis (in der Folge „LV“) unter anderem festgelegt: „Das Objekt wird mit einem autarken Gebäudeautomatisierungssystem […] ausgestattet. […] Für den […] (Gegenstand dieses Leistungsverzeichnisses) ist eine autarke Regelungsanlage […] anzubieten, eine Anbindung ans bestehende Gebäudeleitsystem ist derzeit nicht geplant.“ Ein Bieter hat ein als „Abänderungsangebot“ bezeichnetes Angebot fristgerecht abgegeben und im Begleitschreiben jene Positionen des LV angeführt, die von ihm nicht angeboten wurden. Begründend führte der Bieter zu den jeweiligen Leistungspositionen aus, dass diese bereits in den LV der Gewerke Elektro und HKLS enthalten und darüber hinaus einzelne Leistungen bereits vorhanden sind und daher auch nicht benötigt werden. Die Bieterlücken der entsprechenden Leistungspositionen wurden vom Bieter in seinem Angebot nicht befüllt bzw. nicht angeboten. Nach Durchführung der Angebotsprüfungen wurde diesem Bieter das Ausscheiden und die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung mitgeteilt. In der Folge bekämpfte der Bieter diese Entscheidungen der AG mittels Nachprüfungsantrag und begehrte im Wesentlichen deren Nichtigerklärung.

Anträge abgewiesen

Das Bundesvergabeamt (in der Folge „BVA“) hat die Anträge des Bieters abgewiesen, da die Ausschreibungsunterlagen und deren Textierung mangels Anfechtung, selbst wenn diese gesetzes- oder gemeinschaftswidrig sein sollten, bestandsfest geworden sind. Demgemäß sind diese, sowohl für die AG wie auch für die Bieter, bindend und anzuwenden. Weiters hielt das BVA fest, dass vom Antragsteller im Begleitschreiben zum Abänderungsangebot selbst ausgeführt wurde, dass einzelne im LV ausgewiesene Leistungsgruppen nicht oder nicht vollständig angeboten worden sind. Die in diesem Schreiben angeführte Begründung, wonach auf bereits bestehende Systeme zurückgegriffen wird, widerspricht den bestandsfesten Festlegungen der AG. Demnach soll das Objekt mit einem autarken, d. h. unabhängigen bzw. selbstständigen, System ausgestattet werden. In den Ausschreibungsunterlagen wird unmissverständlich klargestellt, dass eine Anbindung an das bestehende Gebäudeleitsystem nicht geplant ist. Das Ausscheiden des „Abänderungsangebotes“ erfolgte rechtmäßig, da dieses Angebot den Ausschreibungsbestimmungen widerspricht, unvollständig und mit einem unbehebbaren Mangel behaftet ist.

Darüber hinaus hat das BVA ausgesprochen, dass allein die AG den Leistungsgegenstand bzw. dessen Abänderungen festlegt. Es ist nicht Aufgabe eines Bieters, den ausgeschriebenen Auftragsgegenstand selbstständig abzuändern. Sofern ein Bieter in einem Vergabeverfahren Fragen zum Auftragsgegenstand hat, sollte er eine schriftliche Bieteranfrage an die AG stellen, deren Beantwortung allen Bietern von der AG zur Verfügung zu stellen wäre.

Praxistipp: Ein „selbstständiges“ Abändern des Leistungsgegenstandes durch den Bieter im Zuge der Angebotserstellung führt zum Ausscheiden des Angebotes und dem Verlust der Chance auf Zuschlagserteilung. Zu beachten ist weiters, dass ein Abänderungsangebot grundsätzlich zulässig ist, allerdings nur neben einem ausschreibungsgemäßen Hauptangebot. Unzulässig sind Abänderungsangebote jedenfalls, wenn dies in den Ausschreibungsbestimmungen festgelegt wurde.

RA Mag. Matthias Trauner
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
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A-1030 Wien
T +43(0)1/9669 786
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Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Abgabe von Angeboten

Das Bundesvergabeamt hat in einem aktuellen Nachprüfungsverfahren zu den zwingend einzuhaltenden Formvorschriften im Zuge einer Angebotsabgabe Stellung bezogen und eine Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt.

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Abgabe von Angeboten

29.10.2010, Matthias Trauner
Beschaffung Angebot Ausscheiden Zuschlag

Das Bundesvergabeamt hat in einem aktuellen Nachprüfungsverfahren zu den zwingend einzuhaltenden Formvorschriften im Zuge einer Angebotsabgabe Stellung bezogen und eine Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt.

Sachverhalte: Ein Auftraggeber hat eine Bauleistung im Unterschwellenbereich in einem nicht offenen Verfahren ausgeschrieben. In den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen war festgelegt, dass die Angebote verschlossen abgegeben werden müssen. Im Zuge der Angebotsöffnung stellte die Öffnungskommission fest, dass die Lasche des Kuverts des Angebotes der späteren präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht fest verschlossen bzw. lose war. Im durchgeführten Vergabekontrollverfahren wurde festgestellt, dass sich die Lasche des Kuverts (von selbst) gelöst hat.

Da gemäß § 23 Abs 1 BVergG der Angebotsinhalt bis zur Angebotsöffnung geheimzuhalten ist, ist eine zwingende Bedingung für deren Gültigkeit, dass Angebote verschlossen sein müssen. Wenn gemäß § 118 Abs 3 1. Satz BVergG vor dem Öffnen eines Angebotes festzustellen ist, ob es ungeöffnet ist, richtet sich diese Bestimmung ebenso vorerst an den Bieter. Er hat sich vor Einreichung des Angebotes davon zu überzeugen, ob das Angebot bzw. das Behältnis, in dem es sich befindet, tatsächlich so verschlossen ist, dass der Angebotsinhalt bei sorgfältigem Umgang nicht vor der Angebotsöffnung Dritten zugänglich wird. So ist etwa die Einreichung des Angebotes in einem nur haftenden (= adhäsiven oder gleichwertigen) Umschlag unzulässig, sofern nicht durch zusätzliches Verschließen mit Klebeband, Heftklammer oder dergleichen für ein sicheres Verschließen gesorgt wird.

Nach der Sphärentheorie hat der Bieter bzw. der Auftraggeber die Gefahr für die Umstände zu tragen, die sich in seinem Bereich ereignen. Die Gefahr für die Unversehrtheit des Umschlages trägt somit der Bieter bis zum Einlangen in die Sphäre des Auftraggebers durch Registrierung in dessen Posteinlaufstelle. Mit dem Einlangen trägt der Auftraggeber jedoch nicht das volle Risiko. Werden Angebote beim Auftraggeber in einem unverschlossenen Kuvert eingereicht, ist zu untersuchen, inwieweit es dem Auftraggeber zumutbar war, die Tatsache der Unverschlossenheit des Kuverts zeitgerecht zu erkennen und gegebenenfalls für die Sanierung dieses Umstandes zu sorgen. Zumutbar wird das für einen Auftraggeber nur sein, wenn die Abgabe des Angebots persönlich an einen Vertreter des Auftraggebers erfolgt und wenn dieser das Angebot auf seine Form überprüft, wozu der Auftraggeber aber nicht verpflichtet ist (BVA 12.8.2010, N/0060-BVA/02/2010-22).

Praxistipp
Gemäß der oben dargestellten Rechtsprechung sind die Bieter gut beraten, ihre Angebote in Kuverts, Planrollen, Kartons etc. abzugeben, deren Verschluss mittels zusätzlichem Klebeband, Heftklammern etc. erfolgt und somit die Geheimhaltung des Angebotsinhaltes bis zur Angebotsöffnung zumutbar gesichert ist. Durch diese (kostengünstige) Maßnahme kann ein Ausscheiden des Angebotes aus dem oben dargestellten formalen Grund verhindert bzw. die Chance auf die Zuschlags­erteilung erhalten werden.

RA Mag. Matthias Trauner
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Kontroll- und Qualitätssicherungssysteme

Im Rahmen dieses Beitragsserviceteiles wurden bereits die Grundsätze im Zusammenhang mit der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung am Beispiel des Arbeitnehmerschutzes auf der Baustelle und der Notwendigkeit der initiativen Darlegung eines entsprechenden Kontrollsystems gemäß dem § 5 Abs 1 VStG dargelegt (bauzeitung Nr 11/10; Seite 22).

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Kontroll- und Qualitätssicherungssysteme

06.08.2010, Matthias Trauner
Strafe Bau Kontrolle Beweislastumkehr

Im Rahmen dieses Beitragsserviceteiles wurden bereits die Grundsätze im Zusammenhang mit der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung am Beispiel des Arbeitnehmerschutzes auf der Baustelle und der Notwendigkeit der initiativen Darlegung eines entsprechenden Kontrollsystems gemäß dem § 5 Abs 1 VStG dargelegt (bauzeitung Nr 11/10; Seite 22).

Wirksame Kontrollsysteme und Rechtsprechung

Die Rechtsprechung stellt an wirksame Kontrollsysteme sehr hohe Anforderungen, da es zum Ausschluss des Verschuldens nicht ausreicht, dass „auf den einzelnen Baustellen Bauleiter bzw. Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung der Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind bzw. vom Beschwerdeführer mindestens wöchentliche Kontrollen durchgeführt werden; ferner sind auch die Erteilung von Anordnungen (Weisungen) und Schulungen nicht ausreichend“ (VwGH 26. 2. 2010, 2009/02/0302).
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass ein (allenfalls) schuldbefreiendes wirksames Kontrollsystem einen hohen Personal- und Mitteleinsatz erfordert und entsprechende Kosten für den betreffenden Unternehmer verursacht.

Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagementsysteme (SGMS) und Arbeitnehmerschutz: In der Praxis bestehen in Unternehmen verschiedene Kontrollsysteme, die z. B. aufgrund des Baustellenkoordinationsgesetzes installiert und betrieben werden. Weiters werden von Unternehmen auch sogenannte Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagementsysteme (SGMS) eingesetzt.
Gemäß § 3 Abs 1 ASchG hat der Arbeitgeber für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen. Die Arbeitgeber haben die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren, zur Information und zur Unterweisung sowie zur Bereitstellung einer geeigneten Organisation und der erforderlichen Mittel. Weiters legt § 4 Abs 3 ASchG im Zusammenhang mit der Festlegung und der Durchführung dieser Maßnahmen fest, dass „diese [...] in alle Tätigkeiten und auf allen Führungsebenen einbezogen werden müssen“. Ein SGMS kann auf den Vorgaben dieser Regelungen aufbauen bzw. dadurch begründet werden. Eine konkrete unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Einführung eines SGMS besteht jedoch nicht.

Kontrollsysteme und SGMS

Zum Verhältnis von wirksamen Kontrollsystemen und SGMS hat der VwGH ausgesprochen, „dass ein derartiges Qualitätssicherungssystem bei dokumentierter kontinuierlicher Anwendung und Überprüfung grundsätzlich geeignet sein könnte, ein im Betrieb eingerichtetes wirksames Kontrollsystem zu belegen.
Im Hinblick auf die möglichen unterschiedlichen Zielsetzungen und Ausgestaltungsformen von Qualitätssicherungssystemen wäre es aber am Beschwerdeführer gelegen, das konkret eingesetzte Qualitätssicherungssystem im Hinblick auf die Abläufe [hier Gefahrenguttransporte] näher darzulegen“ (VwGH 23. 11. 2009, 2008/03/0176). Im Ergebnis können SGMS, nach allfällig notwendiger Adaptierung, wirksame Kontrollsysteme im Sinne des Arbeitnehmerschutzes sein.

Verwaltungsstrafe und zivilrechtliche Bindungswirkung

In der Praxis werden Verwaltungsstrafen aufgrund der oben dargestellten strengen Rechtsprechung des VwGH und der faktischen „Beweislastumkehr“ häufig nicht angefochten. Der Beschuldigte sollte (in Abstimmung mit einer allfälligen Haftpflichtversicherung) bei der Beurteilung, ob ein derartiger Strafbescheid angefochten werden soll oder nicht, auch die ­Möglichkeit von drohenden zivilrechtlichen Ansprüchen (z. B. Schadenersatzansprüchen infolge eines Arbeitsunfalles) beachten.
Diese Verhaltensanforderung im Eigeninteresse ergibt sich aufgrund der sogenannten „Bindung“ der Zivilgerichte an behördliche Entscheidungen. Das Ausmaß der Bindungswirkung ist zwar umstritten, aber der Oberste Gerichtshof (OGH) hat etwa die Annahme einer Bindung für gemeinschaftsrechtskonform erachtet (OGH 8. 3. 2005, 10 ObS 172/04y).

Praxistipp
Zertifizierte SGMS sind grundsätzlich zum Nachweis eines schuldbefreienden wirksamen Kontrollsystems geeignet. Ein Arbeitgeber, der ein SGMS kontinuierlich betreibt, kann durch eine allfällige notwendige Adaptierung des SGMS betriebswirtschaftliche Synergien nutzen. Weiters ist im Fall des Falles die Frage der Anfechtung von verwaltungsstrafrechtlichen Bescheiden nicht nur nach der „Strafhöhe“ zu beurteilen, sondern es sind aufgrund der Bindungswirkung auch drohende zivilrechtliche Ansprüche (z. B. Schadenersatzforderungen) zu beachten. Es empfiehlt sich daher bereits ab Kenntnis der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens eine entsprechende Meldung an eine allfällig bestehende Haftpflichtversicherung und eine umfassende rechtliche Beurteilung vorzunehmen.

RA Mag. Matthias Trauner
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
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Vergabekontrolle und Befangenheit

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihre Amtes – unter anderem – zu enthalten, wenn „sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“.

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Vergabekontrolle und Befangenheit

07.05.2010, Matthias Trauner
Beschaffung Vergabe Kontrolle Befangenheit Ablehnung

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihre Amtes – unter anderem – zu enthalten, wenn „sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“.

Im Bereich der Vergabekontrolle gelten die Befangenheitsbestimmungen grundsätzlich für die Mitglieder der Vergabekontrollorgane (vgl. z. B. § 296 BVergG) bzw. enthalten die jeweiligen Vergaberechtschutzgesetze der den Ländern entsprechenden Bestimmungen.

Aktuelle Rechtsprechung des VwGH

Die Stadtgemeinde S hat ein nichtoffenes Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit einem geschätzten Auftragswert von 4.950.000 Euro für die Planung und Errichtung eines Pflegewohnheimes durch einen „Totalunternehmer“ mittels Bekanntmachung eingeleitet und potenzielle Bewerber zur Abgabe von Teilnahmeanträgen eingeladen. Gegen diese Bekannt­machung brachte der (spätere) Beschwerdeführer einen Nachprüfungsantrag ein. Die zuständige Vergabekontrollbehörde wies diesen Nachprüfungsantrag als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Bescheidbeschwerde an den VwGH und brachte insbesondere vor, dass das erkennende Mitglied der Vergabekontrollbehörde, Frau Dr. R., befangen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 AVG gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei erst nach der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gelangt, dass Frau Dr. R. die Tochter von Herrn Ing. Dr. R. sei. Ing. Dr. R. sei der Magistratsdirektor des Magistrats der Stadtgemeinde S. In der mündlichen Verhandlung brachte die Stadtgemeinde S vor, dass Frau Dr. R. zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides Bedienstete der Stadtgemeinde S gewesen und Herr Ing. Dr. R. deren Dienstvorgesetzter gewesen sei. Gemäß dem übereinstimmenden Vorbringen der belangten Vergabekontrollbehörde und der Stadtgemeinde hatte der Magistratsdirektor Kenntnis vom obengenannten Vergabeverfahren, da er einen entsprechenden Amtsbericht unterfertigt hat.

Stadtrecht und Vergaberechtkontrollgesetz

Gemäß dem Stadtrecht dieser Stadtgemeinde nimmt der Magistratsdirektor an den Sitzungen des Gemeinderates mit beratender Stimme teil. Weiters obliegt dem Magistratsdirektor (unter der direkten Aufsicht des Bürgermeisters) die Leitung des inneren Dienstes des Magistrates, wobei er insbesondere die Einheitlichkeit bei der Besorgung der Geschäfte der Stadtgemeinde zu beachten hat. Darüber hinaus hat der Magistratsdirektor ein Stellungsnahmerecht bei allen weitreichenden Entscheidungen der Stadtverwaltung.
Gemäß dem anzuwenden Landesvergabekontrollgesetz hat sich ein Mitglied des Vergabekontrollsenates bei Vorliegen von Gründen, die dessen volle Unbefangenheit in Zweifel ziehen, der Ausübung seiner Funktion zu enthalten, erforderlichenfalls eine Vertretung zu veranlassen und den Vorsitzenden zu informieren.

Im Zweifel liegt Befangenheit vor

Aufgrund der Befugnisse und Kompetenzen des Magistratsdirektors ist der VwGH von dessen Einbindung in das oben genannte Vergabeverfahren ausgegangen, die – unabhängig davon, ob eine konkrete Einflussnahme stattgefunden hat – geeignet ist, zumindest nach dem äußeren Anschein Zweifel an der Unbefangenheit des erkennenden Mitgliedes der belangten Vergabekontrollbehörde, der Tochter des Magistratsdirektors, aufkommen zu lassen. Dass diese dennoch an der bekämpf­ten Entscheidung mitgewirkt hat und nicht gemäß dem Landesvergabekontrollgesetzes vorgegangen ist, belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit (VwGH 25. 3. 2010, 2004/04/0104).

RA Mag. Matthias Trauner
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Ausschreibungsunterlagen anfechten

Am 4.3.2010 wurde nicht nur die erwartete Novelle zum Bundesvergabegesetz 2006 (in der Folge „BVergG“) im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht, sondern auch die Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung 2010 (BGBl II 72/2010, in der Folge „BVA-Geb 2010“).

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Ausschreibungsunterlagen anfechten

04.03.2010, Matthias Trauner
Beschaffung Ausschreibung Anfechtung Gebühr

Am 4.3.2010 wurde nicht nur die erwartete Novelle zum Bundesvergabegesetz 2006 (in der Folge „BVergG“) im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht, sondern auch die Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung 2010 (BGBl II 72/2010, in der Folge „BVA-Geb 2010“).

Beide Rechtsakte treten grundsätzlich mit 5. 3. 2010 in Kraft. Speziellere bzw. abweichende Regelungen sind mit den Übergangsbestimmungen in § 345 BVergG geregelt.

Antragsgebühren-Verringerung

Das bisherige Gebührenregime differenzierte nicht, ob z. B. eine Festlegung in der Ausschreibungsunterlage bzw. Teilnahmeunterlage oder eine sonstige gesondert anfechtbare Entscheidung vor dem Bundesvergabeamt mittels Nachprüfungsantrag angefochten wurde. Demgemäß musste bislang z. B. ein Nachprüfungsantrag, mit dem die Ausschreibungsunterlage einer Bauleistung im Oberschwellenbereich angefochten wurde, mit gesamt 7.500 Euro (5.000 Euro für den Antrag auf Nichtigerklärung und 50 Prozent, sohin 2.500 Euro für den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz) vergebührt werden. Die Kosten einer allfälligen Rechtsvertretung des Antragstellers sind in den Gebühren nicht enthalten, sodass ein Nachprüfungsantrag entsprechende – zum Teil erhebliche – Kosten aufseiten des Antragstellers verursachte, die größtenteils auch nicht ersatzfähig sind.

Im Ergebnis wurden in der Vergangenheit viele Vergabekontrollverfahren nicht geführt, da die Bieter bzw. Bewerber schlichtweg aus Kostengründen von der Rechtsverfolgung Abstand genommen haben. Im Rahmen der Bearbeitung der Novelle des Bundesvergabegesetzes wurde dieses „Rechtsschutz“-Problem erkannt und mittels der BVA-GebV 2010 der Zugang zum Recht erleichtert. Für die Anfechtung der Ausschreibungsunterlage bzw. einer Teilnahmeunterlage oder Aufforderung der Abgabe eines Teilnahmeantrages sind gemäß § 2 BVA-GebV 2010 nunmehr nur 25 Prozent des allgemeinen Gebührensatzes zu entrichten bzw. dieser Betrag verringert sich bei nochmaliger Anfechtung. Im Übrigen wurden die Gebührensätze mit der BVA-GebV 2010 geringfügig (z. B. 2.594 Euro statt bisher 2.500 Euro) angehoben.

Anfechtungsfristen und Übergangsbestimmungen

Die BVergG-Novelle 2010 samt der obengenannten Gebührenverordnung erleichtert jedoch nicht in allen Bereichen den Zugang zum Vergaberechtsschutz, da z. B. die Anfechtungsfristen je nach dem jeweiligen Antragszeitpunkt unterschiedlich geregelt sind. Insbesondere kann es nunmehr zum „Auseinderfallen“ von bisher „harmonisierten“ Fristen (Anfechtungsfrist und Stillhaltefrist) kommen.

Die Übergangsbestimmungen des § 345 Z 2 BVergG legen fest, dass Vergabeverfahren, die vor dem 5. 3. 2010 eingeleitet wurden und dem BVergG unterliegen, nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sind (z. B. beträgt im Oberschwellenbereich zwischen der Bekanntgabe der Zuschlagentscheidung und dem Zuschlags die Stillhaltefrist 14 Tage). Weiters sind Vergabekontrollverfahren, die zu diesem Zeitpunkt beim BVA anhängig sind, ebenso nach der bisherigen Rechtslage durchzuführen (sohin beträgt im obigen Beispiel die Anfechtungsfrist 14 Tage).

Für Vergabekontrollverfahren, die nach dem 5. 3. 2010 eingeleitet werden, gilt jedoch gemäß § 345 Z1 BVergG in Verbindung mit § 321 Abs 1 BVergG die (nunmehr) verkürzte Anfechtungsfrist von zehn Tagen, obwohl die Stillhaltefrist weiterhin 14 Tage beträgt, wenn das Vergabeverfahren – derzeit z. B. im Zusammenhang mit Zuschlagsentscheidungen faktisch zwingend – vor dem 5. 3. 2010 eingeleitet wurde.

Zusammengefasst ist in allen Vergabeverfahren, die vor dem 5. 3. 2010 eingeleitet wurden, erhöhtes Augenmerk auf die zeitliche Anfechtbarkeit zu legen bzw. sind z. B. bekanntgegebene Stillhaltefristen keinesfalls – entgegen der bisherigen Praxis – als „Angabe der Anfechtungsfrist“ wahrzunehmen. Für Unternehmer, die an Vergabeverfahren teilnehmen, bedeutet dies, dass die Entscheidung, ob ein Nachprüfungsverfahrens eingeleitet werden soll, rasch erfolgen muss.

Im Bereich der Landesvergabekontrolle, etwa im Zusammenhang mit der Novelle des Wiener Vergaberechtsschutzgesetztes i. d. F. LGBl 2010/18, ist in diesem Zusammenhang auch erhöhte Aufmerksamkeit geboten.

RA Dr. Stephan Heid
RA Mag. Matthias Trauner
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Vergaberechtsschutz und Bringschuld

Das Vergaberechtsschutzsystem ist grundsätzlich formell geprägt (z. B. durch die kurzen Anfechtungsfristen).

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Vergaberechtsschutz und Bringschuld

04.03.2010, Matthias Trauner
Beschaffung Ausschreibung Anfechtung Bringschuld

Das Vergaberechtsschutzsystem ist grundsätzlich formell geprägt (z. B. durch die kurzen Anfechtungsfristen).

Neben diesen Formvorschriften des Vergabekontrollverfahrens im engeren Sinn, die primär von den Bewerbern bzw. den Bietern bei der Einbringung eines Nachprüfungsantrages zu beachten sind, sind gemäß der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH sowie des BVA auch durch den Auftraggeber „formelle Spielregeln“ zu beachten, die im Rahmen des Rechtsschutzsystems schlagend werden können.

Aktuelle Rechtsprechung des EuGH

Ein Bieter ist durch die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, mit der ihm bloß mitgeteilt wird, dass sein Angebot nicht ausgewählt wird, nicht in der Lage, wirksam mit einem Nachprüfungsantrag dagegen vorzugehen. Der betroffene Bieter kann erst nach Kenntnis der Gründe, aus denen er ableiten kann, warum sein Angebot abgelehnt wurde, beurteilen, ob ein Verstoß gegen das materielle Vergaberecht vorliegt und ein Vergabekontrollverfahren erfolgreich geführt werden kann. Gestützt wird diese Ansicht insbesondere durch die anzuwendenden Richtlinien, wonach ein Auftraggeber dem abgelehnten Bewerber oder Bieter die Gründe für die Entscheidung mitteilen muss (EuGH 28.1.2010, C-106/08).

Nationale Rechtslage und Rechtsprechung

§ 131 vierter Satz Bundesvergabegesetz 2006 (in der Folge kurz „BVergG“) i. d. F. Novelle 2007 normiert, dass – neben anderem wie etwa dem Ende der Stillhaltefrist – die Gründe für die Ablehnung des Angebotes sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekanntzugeben sind. Mit der Novelle 2010 des BVergG wurde die obengenannte Bestimmung im Wesentlichen inhaltsgleich übernommen, jedoch erfolgte eine systematische Anpassung, sodass die obengenannten Vorgaben nunmehr in § 131 Abs 1 BVergG festgelegt sind. Aus den Gesetzesmaterialien zur Novelle 2007 des BVergG ist zu entnehmen, dass die Bekanntgabe der obengenannten Punkte an die Bieter durch den Auftraggeber in der Praxis weiterhin mittels „Musterverständigungen“ erfolgen kann. Den Gesetzesmaterialien zur Novelle 2010 des BVergG sind in diesem Zusammenhang keinerlei Änderungen zu entnehmen.

Das BVA hat nunmehr richtlinienkonform im Zusammenhang mit der Anwendung der obengenannten nationalen Regelung – unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH 22.4.2009, 2009/04/0081 – klargestellt, dass eine Begründung, wonach das Angebot des Bestbieters einerseits das günstigste und andererseits das qualitativ höchste Angebot darstellt, nicht geeignet ist, den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Neben diesen Angaben hat der Auftraggeber im Anlassfall mit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung noch weitere Informationen, wie z. B. die erreichte Gesamtpunktezahl und die maximal erreichbare Gesamtpunktezahl im jeweiligen Zuschlagskriterium des nicht berücksichtigten Angebotes übermittelt. Gemäß dem BVA sind auch diese Informationen nicht geeignet, den verbliebenen Bietern die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekanntzugeben.

Der Auftraggeber schuldet dem Bieter diese Informationen („Bringschuld“), und es liegt nicht am Bieter, diese Informationen einzuholen (BVA 19.8.2009, N/0071-BVA/13/2009-29).

Zusammenfassung

Der Bieter hat ein Recht darauf, bereits zu Beginn der Anfechtungsfrist über sämtliche Informationen zu verfügen, die es ihm ermöglichen, die Auftraggeberentscheidung nachzuvollziehen bzw. zu prüfen. Im Lichte der obigen Rechtsprechung hat der Auftraggeber z. B. nicht nur die erreichten Punkte des Angebotes gegenüber dem jeweiligen Bieter nachvollziehbar darzustellen, sondern darüberhinaus auch jene des erfolgreichen Angebotes offenzulegen, um insbesondere die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht des Auftraggebers ist nicht unbegrenzt. Der Auftraggeber darf durch seine Mitteilungen weder öffentlichen Interessen oder Geschäftsinteressen der Unternehmer noch dem freien und lauteren Wettbewerb schaden.

Praxistipp: Gemäß der oben dargestellten Rechtsprechung erscheinen die bisher in der Praxis üblichen (meist knappen) „Musterverständigungen“ nicht mehr ausreichend. Die Unternehmer sind daher gut beraten, die Mitteilungen des Auftraggebers nicht nur materiell, sondern auch formell zu prüfen.

RA Mag. Matthias Trauner
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Geldbuße und Vergaberecht

Die Praxis zeigt, dass öffentliche Auftraggeber mitunter, entgegen den Bestimmungen des Vergaberechts, Aufträge ohne die Durchführung eines zulässigen Vergabeverfahrens durchführen.

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Geldbuße und Vergaberecht

10.6.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Vergabe Geldbuße

Die Praxis zeigt, dass öffentliche Auftraggeber mitunter, entgegen den Bestimmungen des Vergaberechts, Aufträge ohne die Durchführung eines zulässigen Vergabeverfahrens durchführen.

In derartigen Fällen kann ein betroffenes Unternehmen mittels fristgerechten Antrags die Feststellung der Rechtswidrigkeit der unzulässigen Verfahrenswahl durch den Auftraggeber bei der örtlich zuständigen Vergabekontrollbehörde beantragen. Weiters kann auch beantragt werden, dass die angerufene Vergabekontrollbehörde den entsprechenden Vertrag für absolut nichtig erklärt. Durch eine erfolgte Nichtigerklärung ist der Auftraggeber gezwungen, die Leistung neuerlich zu beschaffen, und es besteht die berechtigte Vermutung, dass dies in der Folge mittels einem – den freien und lauteren Wettbewerb fördernden – Vergabeverfahren nach dem Bundesvergabegesetz 2006 (BGBl I Nr 17/2006 idF BGBl II Nr 73/2010, in der Folge „BVergG") erfolgt und der Antragsteller die Chance auf Auftragserteilung hat.

Anstelle der „Ex tunc"-Vernichtung und der folgenden Rückabwicklung des gesamten Vertrags sieht das BVergG seit der Novelle 2010 die Verhängung von Geldbußen vor, wobei diesfalls der Vertrag „ex nunc" vernichtet wird. D. h. dass der bereits erfolgte Leistungsaustausch nicht rückabgewickelt wird – der vergaberechtswidrige Vertrag sohin bis zur Vernichtung durch das Bundesvergabeamt als rechtlich existent angesehen wird. Das Bundesvergabeamt kann, im Falle, dass es von der absoluten Nichtigerklärung eines Vertrags absieht, eine Geldbuße über den Auftraggeber verhängen, die gemäß § 334 Abs 7 BVergG „wirksam, angemessen und abschreckend" sein muss. Derartige Geldbußen erscheinen geeignet, öffentliche Auftraggeber zur Einhaltung des BVergG „anzuregen".

Das Bundesvergabeamt hat jüngst die oben dargestellte Möglichkeit der Verhängung einer Geldbuße gegen einen öffentlichen Auftraggeber erstmalig umgesetzt und unter Beachtung von Erschwernis- und Milderungsgründen eine Geldbuße in Höhe von 24.000 Euro verhängt. (BVA 13. 5. 2011, F/002-BVA-BVA/13/2011-69 u. a). In der Sache selbst wurde vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ein sogenanntes „E-Medikation-System" beschafft. Dieser öffentliche Auftraggeber erteilte drei Arztsoftwareherstellern, die bereits in der Vergangenheit in diesem Bereich für den Besteller tätig waren, die entsprechenden Aufträge ohne vorherige Bekanntgabe bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Das Bundesvergabeamt beurteilte diese Aufträge als einen Dienstleistungsauftrag, der in drei Losen vergeben wurde.

Zum Zeitpunkt der Antragsstellung waren diese Verträge bereits (teilweise) in Vollzug gesetzt. Aufgrund des Auftragswerts war eine Direktvergabe unzulässig. Der Feststellungsantrag wurde jedoch nach Ablauf der absoluten Anfechtungsfrist von sechs Monaten gemäß § 332 Abs 3 BVergG gestellt, sodass der Feststellungsantrag in diesem Punkt zurückgewiesen wurde. Weiters wurden die drei Verträge „ex nunc" vernichtet, und der Auftraggeber hat dem Antragsteller Teile der Antragsgebühren zu ersetzen.

RA Mag. Matthias Trauner
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Befugnis, Gewerbe und Befähigung

Der VwGH hat sich (neuerlich) mit dem gewerblichen Nebenrecht auseinandergesetzt. Ein öffentlicher Auftraggeber hat das Angebot eines Bieters ausgeschieden, da für die u. a. ausgeschriebenen Gerüstungsarbeiten die erforderliche Befugnis fehlte und nicht bereits mit dem Angebot ein erforderlicher Subunternehmer bekanntgegeben worden ist.

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Befugnis, Gewerbe und Befähigung

08.07.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Gewerbe Nebentätigkeit Eignung Befähigung

Der VwGH hat sich (neuerlich) mit dem gewerblichen Nebenrecht auseinandergesetzt. Ein öffentlicher Auftraggeber hat das Angebot eines Bieters ausgeschieden, da für die u. a. ausgeschriebenen Gerüstungsarbeiten die erforderliche Befugnis fehlte und nicht bereits mit dem Angebot ein erforderlicher Subunternehmer bekanntgegeben worden ist.

Dieser Bieter beantragte fristgerecht die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung. Dieser wurde von der Vergabekontrollbehörde abgewiesen. Die Vergabekontrollbehörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass die gewerberechtlichen Nebenrechte bei reglementierten Gewerben nicht ausgeübt werden dürfen.

Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob der Bieter in der Folge eine Bescheidbeschwerde an den VwGH. Dieser behob den abweisenden Bescheid und begründete dies insbesondere wie nachstehend dargestellt: Im Beschwerdefall ist die Auffassung der belangten Behörde, die vorliegend strittigen Leistungen können ausgehend von ihrem Anteil an der Angebotssumme (weniger als 1 %) als Leistungen anderer Gewerbe in geringem Umfang im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 GewO angesehen werden, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Es ist auch unstrittig, dass die strittigen Leistungen die eigenen Leistungen des Beschwerdeführers iSd § 32 Abs 1 Z 1 GewO wirtschaftlich sinnvoll ergänzen. Jedoch erweist sich die Auffassung der belangten Behörde, das Nebenrecht des § 32 Abs 1 Z 1 GewO komme bei Tätigkeiten, die einem reglementierten Gewerbe vorbehalten seien, nicht zum Tragen, vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung als nicht zutreffend.

Auch die Auffassung der belangten Behörde, wonach gemäß § 32 Abs 2 GewO die herangezogene Fachkraft selbst bereits die erforderliche Befugnis (und nicht bloß die entsprechende Befähigung) aufweisen muss, ist aus folgenden Erwägungen unzutreffend: Wie der VwGH bereits ausgeführt hat, liegt es bei der Ausübung der Nebenrechte nach § 32 Abs 1 GewO in der Verantwortung des Gewerbetreibenden, durch die Heranziehung entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte die in dieser Bestimmung angeführte Sicherheit (unter anderem für Leib und Leben von Betroffenen) zu gewährleisten. Es handelt sich also bei dieser Bestimmung – wie schon ihr Wortlaut zeigt („Bei der Ausübung der Rechte“) – um keine Vorschrift über die Gewerbeberechtigung und somit die Befugnis, sondern um eine Vorschrift über die Ausübung des Gewerbes. Auch die Strafbestimmung des § 367 Z 33 GewO zeigt, dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass der Gewerbeinhaber in der Regel als Fachkräfte Arbeitnehmer beschäftigt, die die „erforderliche Eignung“ besitzen und schon begrifflich nicht eine eigene Gewerbeberechtigung und Befugnis aufweisen.

Praxistipp: Bieter sind gut beraten, das geforderte Leistungsbild und die erforderliche Befugnis bei der Angebotserstellung genau zu prüfen. Für den Fall, dass geringfügige Leistungen, die die eigenen Leistungen sinnvoll ergänzen, anzubieten sind, ist insbesondere der Umfang der Nebenleistungen beachtlich. Der bisherigen Rsp des VwGH zum Umfang dieser Nebenrechte ist kein exakter Prozentsatz zu entnehmen, jedoch ist berechtigterweise davon auszugehen, dass ein Umfang von rund 10% der Gesamtangebotssumme zulässig scheint.

Für den Fall, dass die geforderten Nebenleistungen zu umfangreich sind, hat sich der Unternehmer bereits mit seinem Angebot bzw. seinem Teilnahmeantrag auf die entsprechende Befugnis anderer Unternehmer (Subunternehmer) zu stützen. Ungeachtet dessen hat sich der Unternehmer bei der Erbringung der Leistungen jedenfalls entsprechender Fachkräfte zu bedienen.

Mag. Matthias Trauner
Rechtsanwalt
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Lohn- und Sozialdumping-Gesetz fix

Am 22. 2. 2011 wurde im Ministerrat – nach entsprechender Einbindung der Interessenvertretungen – die Regierungsvorlage des „Lohn- und Sozial­dumping-Bekämpfungsgesetz – LSDB-G“ beschlossen. Das Gesetz wird in der vorliegenden Form voraussichtlich mit 1.?5.?2011 in Kraft treten.

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Lohn- und Sozialdumping-Gesetz fix

22.2.2011, Matthias Trauner
Dumping Wettbewerb Angemessenheit Preis

Am 22. 2. 2011 wurde im Ministerrat – nach entsprechender Einbindung der Interessenvertretungen – die Regierungsvorlage des „Lohn- und Sozial­dumping-Bekämpfungsgesetz – LSDB-G“ beschlossen. Das Gesetz wird in der vorliegenden Form voraussichtlich mit 1.?5.?2011 in Kraft treten.

Aufgrund der zusammenwachsenden Arbeitsmärkte (vgl. die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts für Arbeitnehmer aus den 2004 der Union beigetretenen Staaten) soll durch das LSDB-G das Unterlaufen kollektivvertraglich festgelegter Löhne verhindert werden. In Österreich konnte ein unzulässiges Unterschreiten der kollektivvertraglichen Entlohnung bisher regelmäßig nur vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Mit dem LSDB-G wird dementgegen ein „präventiver Ansatz“ verfolgt, da z. B. Verwaltungstrafen in der Höhe von 1.000 bis 10.000 Euro bzw. in der doppelten Höhe im Wiederholungsfall vorgesehen werden. Die Arbeitgeber müssen in Zukunft grundsätzlich jene Unterlagen, die zur Überprüfung des Grundlohns erforderlich sind, in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort (z. B. auf der Baustelle) bereithalten. Der Grundlohn beinhaltet das Grundgehalt zuzüglich dem Überstundenentgelt.

Strenge Konsequenzen

Zuständig für die Kontrolle ist ein bei der Wiener Gebietskrankenkasse einzurichtendes „Kompetenzzentrum LSDB“. Im Falle, dass die zuständige Krankenkasse bzw. die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse feststellen, dass es zu Unterschreitungen des Grundlohns samt den Einstufungskriterien gekommen ist, sind diese zuständig. Zuständig für das folgende Verwaltungsstrafverfahren sind die Bezirksverwaltungsbehörden, die neben den oben genannten Geldstrafen im Wiederholungsfall auch die Ausübung der Dienstleistung für ein Jahr untersagen können.

Weiters kann dem Auftraggeber im Falle der Arbeitskräfteüberlassung aufgetragen werden, einen Teil des noch zu leistenden Werklohns bzw. Überlassungsentgelts als Sicherheitsleistung zu erlegen. Der Auftraggeber kann in diesem Fall seine „Auftraggeberhaftung“ einwenden, und diese ist dann bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung zu berücksichtigen.

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Vertretungsvollmacht und Bauleiter

In der Baupraxis erfolgen regelmäßig Abstimmungen im Zusammenhang mit der Leistungserbringung aus einem Bauwerksvertrag zwischen Bauherrn bzw. dessen Vertretern und Auftragnehmer bzw. dessen Vertretern.

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Vertretungsvollmacht und Bauleiter

04.03.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Vertrag Vertretung Vollmacht

In der Baupraxis erfolgen regelmäßig Abstimmungen im Zusammenhang mit der Leistungserbringung aus einem Bauwerksvertrag zwischen Bauherrn bzw. dessen Vertretern und Auftragnehmer bzw. dessen Vertretern.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit die vor Ort Beteiligten, z. B. der Bauleiter, den zugrunde liegenden Bauwerksvertrag abändern bzw. ergänzen dürfen. Derartige Abgrenzungen sind insbesondere auch im Zusammenhang mit der Frage nach dem vertraglich geschuldeten Leistungssoll bzw. den entsprechenden Entgeltansprüchen von Bedeutung.

Der OGH hat mit der Entscheidung vom 24.8.2010 zu GZ 2 Ob 43/10b klargestellt, dass ein Angestellter eines Bauunternehmers, der kein Prokurist etc. ist, als (technischer) Bauleiter zu allen Geschäften und Rechtshandlungen bevollmächtigt ist, die die Vornahme der Geschäfte eines solchen Bauleiters gewöhnlich mit sich bringt. Dazu gehört es grundsätzlich nicht, einen geschlossenen (Bauwerks-)Vertrag in wirtschaftlich bedeutenden Punkten zu ergänzen oder abzuändern.

Diese „Einschränkung“ der Vertretungsvollmacht findet auch eine Entsprechung in der häufig mit dem Bauwerksvertrag vereinbarten Ö-Norm B 2110:2009. Punkt 5.2.1 dieser Bauwerksvertragsnorm sieht für den Fall, dass die Vertragsparteien nicht selbst handeln, vor, dass entsprechende Vertreter zu benennen sind, die alle Erklärungen abgeben und entgegennehmen sowie alle Entscheidungen treffen können, die zur „Abwicklung des Vertrags“ erforderlich sind. Eine Vollmacht, die über die Grenzen des bestehenden Vertrages hinausreicht, ist daher grundsätzlich nicht gegeben.

Der OGH hat in der obengenannten Entscheidung auch die Frage der sogenannten „Anscheinsvollmacht“ geprüft. Diese würde bestehen, wenn der vertretene Bauunternehmer einen äußeren Tatbestand geschaffen hätte, der beim Vertragspartner die Überzeugung geschaffen hätte, dass die Vollmacht des Vertreters, z. B. des Bauleiters, auch z. B. Vertragsänderungen umfasst. Das Verhalten des Bauleiters allein begründet sohin regelmäßig keine Anscheinsvollmacht.

Mag. Matthias Trauner
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Begriff Auftraggeberhaftung

Zur Verminderung des Sozialversicherungsbetruges wurde das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (in der Folge „ASVG“) mit 1. 9. 2009 geändert und die sogenannte „Auftraggeberhaftung“ eingeführt. Dieser in der Praxis gebrauchte Begriff ist jedoch zu weit gefasst und führt daher immer wieder zu Missverständnissen.

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Begriff Auftraggeberhaftung

16.3.2011, Matthias Trauner
Sozialbetrug Haftung ASVG

Zur Verminderung des Sozialversicherungsbetruges wurde das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (in der Folge „ASVG“) mit 1. 9. 2009 geändert und die sogenannte „Auftraggeberhaftung“ eingeführt. Dieser in der Praxis gebrauchte Begriff ist jedoch zu weit gefasst und führt daher immer wieder zu Missverständnissen.

Die Bestimmung des § 67 a ASVG verweist hinsichtlich des Begriffs „Bauleistungen“ auf § 19 a Abs 1 a Umsatzsteuergesetz (in der Folge „UStG“). Dieser Begriff wird im UStG wie folgt definiert: „Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen“ (nähere Erläuterungen dazu siehe auf http://portal.wko.at (link is external) oder https://findok.bmf.gv.at (link is external)). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, dass unter „Bauleistungen“ in beiden Gesetzen dasselbe verstanden wird.

Der Unterschied, der in Verbindung mit der Bezeichnung „Auftraggeberhaftung“ zu Missverständnissen führt, liegt im persönlichen Anwendungsbereich. Gemäß der Bestimmung des UStG wird die Umsatzsteuer bei Bauleistungen vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt ist oder üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt („Reverse Charge“). Ziel dieser UStG-Bestimmung ist die Verhinderung von Steuerbetrug bzw. -hinterziehung im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer bzw. dem Vorsteuerabzug, insbesondere im Falle von „Sub“-Kettenbeauftragungen. Von dieser „Reverse Charge“-Regelung kann also auch ein Bauherr betroffen sein, wenn dieser ein Unternehmer ist, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt.

Bauleistungen in Sub

Die „Auftraggeberhaftung“ ist aber, im Unterschied zur „Reverse Charge“-Regelung des UStG, auf jene Auftraggeber beschränkt, die Bauleistungen „in Sub“ weitergeben (siehe § 67a Abs 1 ASVG: „Wird die Erbringung von Bauleistungen […] von einem Unternehmen (Auftrag gebendes Unternehmen) an ein anderes Unternehmen (beauftragtes Unternehmen) ganz oder teilweise weitergegeben […]“). Die ASVG-Bestimmung will keine Bauherrn einbeziehen, sondern nur die Haftung für „Subunternehmer“ erfassen. Anders formuliert sind nur Auftraggeber von Bauaufträgen, die selbst mit der Erbringung von Bauaufträgen beauftragt sind, vom Anwendungsbereich der Auftraggeberhaftung umfasst. Auftraggeber, die keine Bauaufträge „in Sub“ weitergeben, sind davon nicht umfasst. Um ein Beispiel zu nennen: Ein Bauunternehmer, der für eigene Zwecke (z. B. für das eigene Betriebsgebäude) Bauleistungen beauftragt, also als „Bauherr“ auftritt, haftet hinsichtlich seiner Auftragnehmer sehr wohl für die Umsatzsteuer gemäß § 19 Abs 1a UStG, nicht aber für deren Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 67a ASVG. Der Begriff „Haftung für Subunternehmer“ wäre daher zutreffender als der Begriff „Auftraggeberhaftung“.

Im Rahmen der Auftraggeberhaftung kann sich der beauftragende Bauunternehmer von der Haftung für vom Subunternehmer nicht entrichtete Sozialbeiträge befreien, wenn er 20 Prozent des mit dem Subunternehmer vereinbarten Werk­lohnes an die Sozialversicherung leistet. Er ist jedoch auch dann befreit, wenn der Subunternehmer in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (sogenannte „HFU-Liste“) aufscheint. Die (strengen) Kriterien zur Aufnahme in diese HFU-Liste und weitere Erläuterungen sind unter www.wgkk.at (link is external) abrufbar.

Zu beachten ist, dass der oben erwähnte Begriff der „Bauleistung“ in § 19 Abs 1a UStG mit dem Budgetbegleitgesetz 2010 um den Begriff „Reinigung“ erweitert wurde, und daher seit dem 1. 1. 2011 auch die (bloße) Reinigung von Bauwerken inklusive Schneeräumung etc. umfasst ist. Sohin sind seit 1. 1. 2011 nicht nur Bauunternehmer, sondern auch Reinigungsunternehmer von der sogenannten Auftraggeberhaftung umfasst.

Mag. Matthias Trauner
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
Landstraßer Hauptstraße 88/2–4
A-1030 Wien
T +43(0)1/9669-786
www.heid-schiefer.at

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Subunternehmer-Leistungsverweigerung

Regelmäßig werden Bauleistungen im „Sub“ erbracht, d. h. der Auftragnehmer bedient sich eines Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der geschuldeten Leistung. Das Verhalten des Subunternehmers gegenüber dem Bauherrn kann – wie der OGH am 17. 11. 2010 zu GZ 6 Ob 216/10y ausgesprochen hat – zum berechtigten Vertragsrücktritt und zum Verlust des Werklohnanspruchs führen.

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Subunternehmer-Leistungsverweigerung

08.04.2011, Matthias Trauner
Vertrag Subunternehmer Rückritt Verlust Vertrag Werklohn Planung

Regelmäßig werden Bauleistungen im „Sub“ erbracht, d. h. der Auftragnehmer bedient sich eines Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der geschuldeten Leistung. Das Verhalten des Subunternehmers gegenüber dem Bauherrn kann – wie der OGH am 17. 11. 2010 zu GZ 6 Ob 216/10y ausgesprochen hat – zum berechtigten Vertragsrücktritt und zum Verlust des Werklohnanspruchs führen.

Ein Bauherr hat ein Bauunternehmen mit Abbrucharbeiten samt Einreichplanung und Teilnahme an der Bauverhandlung beauftragt. Dieser Auftragnehmer bediente sich – im Einvernehmen mit dem Bauherrn – zur Projektumsetzung eines Subunternehmers. Dieser errichtete in der Folge Skizzen, und in einer Besprechung mit dem Bauherrn teilte der Subunternehmer mit, dass er die Pläne nach den Wünschen des Bauherrn abändern werde, diesfalls jedoch nicht als Planverfasser im Bewilligungsverfahren zur Verfügung zu stehen. In der Folge teilte der Bauherr dem Auftragnehmer mit, dass er nicht mehr für ihn tätig werden soll und er den Auftrag anderweitig vergeben werde. Da der Bauherr den Werklohn nicht entrichtete, klagte der Auftragnehmer den Werklohn abzüglich des durch die Nichterbringung Ersparten ein.

Der OGH qualifizierte das oben angesprochene Vertragsverhältnis aufgrund der Planungsleistungen als Architektenvertrag, sodass die Werkvertragsbestimmungen anzuwenden sind. Grundsätzlich besteht gemäß § 1168 ABGB auch beim Unterbleiben der Werkausführung der Entgeltanspruch, wenn die Umstände, welche die Werksausführung unmöglich machen, der Sphäre des Bestellers zuzuordnen sind. Liegen diese Umstände jedoch in der Sphäre des Auftragnehmers, insbesondere in einer mangelnden Leistungsbereitschaft, besteht kein Werklohnanspruch. Daher muss der Werkunternehmer, der seinen Werklohn trotz Unterbleibens der Werkausführung klagsweise fordert, nicht nur die Höhe des Anspruchs, sondern auch seine Leistungsbereitschaft behaupten und beweisen. Durch die Leistungsverweigerung des Subunternehmers, dem die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistungen oblag, befand sich der Auftragnehmer im Verzug. Aufgrund der ausdrücklichen Ablehnung der Vollendung des Werkes bedurfte es auch keiner Nachfristsetzung durch den Auftraggeber. Im Ergebnis unterblieb die Werkausführung ausschließlich aus Gründen, die in der Sphäre des Auftragnehmers lagen, sodass kein Werklohnanspruch besteht. Da das Vertrauen des Bauherrn aufgrund des treuwidrigen Verhaltens des Subunternehmers erschüttert war, durfte dieser im Sinne des § 918 ABGB ohne Nachfristsetzung vom Werkvertrag zurücktreten.

Zur Absicherung des Werklohnanspruchs ist der Auftragnehmer gut beraten, bei der Auswahl seiner Subunternehmer entsprechend sorgfältig zu sein und den Kontakt zum Bauherrn nicht ausschließlich dem Subunternehmer zu überlassen.

(Redaktion: Mag. Matthias Trauner)
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Zertifizierung am Bau – Qualitätssicherung

Zertifizierung am Bau garantiert nicht nur dem Kunden eine friktionsfreie und hochqualitative Abwicklung des Baus. Auch für die Ausführenden erweist sie sich als Wettbewerbsvorteil.

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Zertifizierung am Bau – Qualitätssicherung

02.03.2004, Matthias Trauner
Wettbewerb Zertifizierung Bau Qualität

Zertifizierung am Bau garantiert nicht nur dem Kunden eine friktionsfreie und hochqualitative Abwicklung des Baus. Auch für die Ausführenden erweist sie sich als Wettbewerbsvorteil.

1995 wurde die „Zertifizierung Bau“ als erste österreichische Qualitätssicherungsstelle, die auf die Baubranche spezialisiert ist, gegründet. Die Initiative entstand aus dem Bedürfnis, über einen kompetenten Ansprechpartner in puncto Qualitätssicherheit für die planende und ausführende Baubranche zu verfügen. Seit 1997 ist die Zertifizierung Bau durch das Wirtschaftsministerium als neutrale und unabhängige Zertifizierungsstelle akkreditiert. Ein Lenkungsgremium, in der Funktion wie ein Aufsichtsrat, wacht über deren Unabhängigkeit – denn nur so kann Qualität am Bau tatsächlich gesichert werden. Dieses Gremium vertritt die Interessen aller der am Bau vertretenen Beteiligten.
Rudolf Pichler, Geschäftsführer der Zertifizierung Bau, sieht sich als Dienstleister für Bauunternehmen, Planer und Auftraggeber der Baubranche: „Unsere Palette reicht von Qualitätsmanagementsystemen nach ISO 9001 bis zu Sicherheitsmanagementsystemen nach SCC und auch Schulungen und Zertifizierung von Führungskräften. Die Überprüfungen erfolgen durch hochqualifizierte Bauprofis.“ Durchgeführt werden aber auch Unternehmensanalysen und Bewertungen wie z. B. Benchmarking-Projekte.
Im Hochbau nützen viele Bauunternehmen Gebäudezertifizierungen. Diese Form der Qualitätssicherung ist auch für den privaten Hausbauer interessant. Zertifizierung Bau hat bereits einige Fixkunden – die jedes von ihnen errichtete Haus durchchecken lassen. Dazu zählen unter anderem Baumit-Haus, Massivwerthaus Wienerberger oder Portenschlager Haus. „Diese Unternehmen bieten dem potentiellen Hausbesitzer z. B. eine unabhängige Hauszertifizierung durch uns in ihren Paketen bereits mit an – dieser freiwillige Schritt zur Bekennung zu Qualität bedeutet für diese Unternehmen einen klaren Kompetenzvorsprung“, so Pichler.
Aber auch der umgekehrte Weg wird in den vergangenen Jahren häufig gewählt – der Bauherr wendet sich an den Baumeister mit dem Auftrag, eine Zertifizierung seiner Arbeit – des errichteten Hauses – vornehmen zu lassen. Die Vorteile für den Kunden erklärt Pichler: „Als Bauherr vereinbare ich mit meinem Baumeister einen Bauwerkvertrag – ob nun mein Haus tatsächlich nach diesen Vorgaben entsteht, beantwortet die von uns durchgeführte Zertifizierung. Wir kontrollieren, ob tatsächlich nach allen Regeln der Technik und auch sorgfältig gearbeitet wurde.“ Eine Gebäudezertifizierung für ein Einfamilienhaus kostet zwischen 1000 und 1600 Euro. Eine Summe die sich langfristig rechnet – bedenkt man die Fehlerkosten, die Baumängel verursachen können.
Neben Bauausführenden wenden sich auch Planende an die Zertifizierung Bau wie z. B. Österreichs größtes Architektur- und Ingenieurbüro ATP Achammer, Tritthart und Partner.
Christoph M. Achammer, Vorstand ATP, lässt sein Unternehmen bereits der Mitte der 90er Jahre nach ISO 9001 zertifizieren: „Wir unterwerfen uns damit einem qualitativ einheitlichen Standard, was sich in der Qualitätssicherung unserer Planungsabläufe über alle Standorte hinweg sowie in unseren Bauten extrem positiv bemerkbar gemacht hat. Wir sehen in der Zertifizierung ein wirkungsvolles Instrument, unternehmensweit die Prozessqualität zu verbessern.“

Spielregeln finden

Gebäudezertifizierungen für den großvolumigen Wohnbau führt die Zertifizierung Bau in Kooperation mit der „Arge TQ (Total Quality)“ durch. Hier wird nicht nur nach technischen Kriterien geprüft – sondern eben sehr Benutzer-orientiert begutachtet. Die Kosten für eine Überprüfung in dieser Form liegen bei rund 0,3 Prozent der Gesamterrichtungskosten.
Ein anderer Tätigkeitsbereich der Zertifizierung Bau ist Qualitätsmanagement. Hier geht es vor allem um ISO-9001-Zertifizierungen, die große wie kleine Bauunternehmen für ihre Wettbewerbsfähigkeit benötigen. „Der große Nutzen der ISO- Zertifizierungen liegt neben den positiven Marketingmöglichkeiten jedoch darin, innerbetriebliche Abläufe effizienter gestalten zu können, Verantwortungen innerhalb der Unternehmen zu definieren – eben ein ständig lernendes Unternehmen zu schaffen“, so Pichler. Architekt Dieter Hayde zählt zu den „Dauerkunden“ von Zertifizierung Bau. Er lässt sein Büro seit Jahren durch Zertifizierung Bau überprüfen. Für Hayde ein klarer Wettbewerbsvorteil: „Einerseits gegenüber Auftraggebern ist es für uns wichtig, zertifiziert zu sein. Aber auch intern, betreffend Büroorganisation, oder auch bei Abläufen mit Behörden während einer Projektabwicklung hat die Zertifizierung große Effizienz in unser Büro gebracht. Und nicht zuletzt weiß aufgrund des jährlichen Audits jeder Mitarbeiter genau, welche Leistungen zu erbringen sind.“ Zertifizierungen von Sicherheitsmanagementsystemen werden laut Pichler in den vergangenen Jahren immer stärker von Unternehmen wie z. B. aus der Papierindustrie gefordert.
Ein wesentlicher und immer stärker wachsender Leistungsbereich der Zertifizierung Bau ist der Qualitäts- und Innovationsservice für den gesamten Bereich der Bauausführung. „Dabei definiert das Unternehmen gemeinsam mit uns firmeninterne Spielregeln, diese werden von uns extern regelmäßig überprüft. Das Leistungsspektrum reicht hier vom Umgang mit Plänen auf der Baustelle bis zu Baustellensauberkeit, dem Auftritt des Unternehmens nach außen bezogen auf das aktuelle Projekt und natürlich einer Reihe von technischen Kriterien und Ausführungsstandards. Eines ist jedoch wichtig: wir ersetzen nicht die örtliche Bauaufsicht“, erklärt Pichler.
Das Unternehmen muss selbst entscheiden, wie oft der Service stattfinden soll. Die Abrechnung erfolgt per Manntage. Pichler: „Ein Fehler, der häufig passiert, ist, dass nicht gerechnet wird, welche Kosten Fehler verursachen. Wenn ich z. B. mit Hilfe unseres Services 15.000 Euro Fehlerkosten einsparen kann, sind 4000 Euro Honorar im Jahr für den Qualitäts- und Innovationsservice gerechtfertigt.“ Viele Kunden wollen nur ein bestimmtes Geschäftsfeld überprüfen lassen, und dabei entscheidet wiederum der Auftraggeber, wie intensiv die Qualitätssicherung betrieben werden soll.
Die Zertifizierung Bau arbeitet mit allen Beteiligten des Bauwesens zusammen – auch Architekten und Ingenieure stehen hinter der Zertifizierungsidee. Hans Staudinger, Mitglied des Lenkungsgremiums der Zertifizierung Bau und Direktor der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland, zeigt sich von dem gemeinsamen Bekenntnis zur Qualitätssicherung überzeugt: „Ich finde die Zertifizierung Bau ein wichtiges Unternehmen, weil dadurch eine Qualitätsfokussierung im gesamten Bauprozess stattfindet. Das ist der geeignete Weg, Qualität am Bau strukturell und langfristig zu sichern.“

Die häufigsten Fehler am Bau – die durch Zertifizierung vermieden werden können Zwischen vier und 18 Prozent betragen die Fehlerkosten bei einem Bau. Die häufigsten Fehler entstehen durch

  • fehlende Kenntnis,
  • mangelnde Sorgfalt,
  • ungenügende Arbeitsvorbereitung,
  • unklare Angaben,
  • ineffiziente Schnittstellen zwischen Bauleitung, Planung und Bauhof.

Die Vorteile der „Zertifizierung Bau“ auf einen Blick

  • unabhängige, objektive Überprüfung,
  • Branchenkompetenz – Sicherheit durch Zertifizierung,
  • Erfahrung durch Praxis,
  • Lösungen, die einfach, hochwirksam und umsetzbar sind,
  • unternehmerisches Denken und Vermeiden von komplizierten Lösungen,
  • ständiges Hinterfragen, ob neue Entwicklungen und Vorschriften für die Bauwirtschaft einen nachhaltigen Nutzen bringen,
  • die Mitarbeit der Zertifizierung Bau in nationalen und internationalen Gremien gewährleistet den Kunden aktuellste Informationen über Trends und Entwicklungen.

Tipp: Ein Beratungsgespräch bei der Zertifizierung Bau ist aufgrund der Förderung der Bundesinnung Bau kostenlos. Informationen unter www.zertbau.at

(Redaktion: Mag. Matthias Trauner)
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
Landstraßer Hauptstraße 88/2–4
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www.heid-schiefer.at

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Vergaberechtsschutz und kurze Fristen

Das Bundesvergabegesetz 2006 (in der Folge „BVergG“) wurde unter anderem aufgrund von europarechtlichen Vorgaben umfassend novelliert und ist i. d. F. BGBl I Nr. 15/2010 am 5. 3. 2010 in Kraft getreten.

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Vergaberechtsschutz und kurze Fristen

25.02.2011, Matthias Trauner
Bundesvergabegesetz Frist Anfechtung

Das Bundesvergabegesetz 2006 (in der Folge „BVergG“) wurde unter anderem aufgrund von europarechtlichen Vorgaben umfassend novelliert und ist i. d. F. BGBl I Nr. 15/2010 am 5. 3. 2010 in Kraft getreten.

Im Zuge dieser Novelle wurde auch das Rechtsschutzsystem auf Bundes­ebene geändert (z. B. wurden die Anfechtungsfristen verkürzt; s. auch ­bauzeitung 10, 2010, S. 20). In Österreich sind neben dem BVergG auch die neun Vergaberechtsschutzgesetze der Länder im Bereich des Vergaberechtsschutzes anzuwenden. Neben der obengenannten BVergG-Novelle waren auch die Vergaberechtsschutzgesetze der Länder zu novellieren. Die neun Landesgesetzgeber haben mittlerweile die entsprechenden Gesetzesänderungen beschlossen.

Im Ergebnis wurde dem berechtigten Wunsch der Praxis nach einer inhaltlichen „Harmonisierung“ der zehn Vergaberechtsschutzgesetze weitestgehend Rechnung getragen. So wurde z. B. in § 4 OÖ Vergaberechtsschutzgesetz i. d. g. F. der idente Wortlaut des § 321 BVergG übernommen. Ungeachtet dessen ist es in der Praxis anzuraten, die Bestimmungen des jeweils anzuwendenden Vergaberechtsschutzgesetzes im Detail zu prüfen. Insbesondere sind die jeweiligen Übergangsbestimmungen (z. B. Vergabeverfahren wurde vor Inkrafttreten der jeweiligen Novelle eingeleitet) zu beachten.

Die nunmehr geltenden Landesvergabekontrollgesetze lauten:

Praxistipp
Nunmehr gilt grundsätzlich österreichweit ein „kurzes Fristenregime“ (z. B. sieben Tage Anfechtungsfrist im Unterschwellenbereich bzw. bei Direktvergaben). Demgemäß ist die Entscheidung, ob eine Anfechtung einer Festlegung des Auftraggebers erfolgen soll oder nicht, rasch zu treffen. Überlegungen zu allfälligen Anfechtungen sind daher aus Zeitgründen bereits im Rahmen der Prüfung der Ausschreibungsunterlagen bzw. sonstiger Festlegungen und bei der Angebotserstellung vorzunehmen, um eine fristgerechte Anfechtung sicherzustellen.

RA Mag. Matthias Trauner

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Aufklärungsfrist und Ausscheiden

Öffentliche Auftraggeber haben für den Fall, dass die Angebotsprüfung ergibt, dass ein behebbarer Angebotsmangel vorliegt, den Bieter aufzufordern, entsprechende Aufklärungen und/oder Nachreichungen binnen einer angemessenen Frist zu erstatten (vgl. §§ 126ff Bundesvergabegesetz 2006, BGBl I Nr 17/2006 idF BGBl II Nr 73/2010; in der Folge „BVergG").

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Aufklärungsfrist und Ausscheiden

24.06.2011, Matthias Trauner
Angebot Mangel Aufklärung Frist Bietergemeinschaft

Öffentliche Auftraggeber haben für den Fall, dass die Angebotsprüfung ergibt, dass ein behebbarer Angebotsmangel vorliegt, den Bieter aufzufordern, entsprechende Aufklärungen und/oder Nachreichungen binnen einer angemessenen Frist zu erstatten (vgl. §§ 126ff Bundesvergabegesetz 2006, BGBl I Nr 17/2006 idF BGBl II Nr 73/2010; in der Folge „BVergG").

Diese Aufklärungs- oder Nachreichungsfrist ist regelmäßig mit wenigen Werktagen zu bemessen, da der Bieter sein Angebot bereits erstellt hat. Durch die Aufklärung oder Nachreichung darf es keinesfalls zu einer Verlängerung der Angebots(erstellungs)frist beziehungsweise einem materiellen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Mitbewerb kommen.

Gemäß § 129 Abs 2 BVergG kann der Auftraggeber vor der Wahl des Angebots für die Zuschlagsentscheidung Angebote ausscheiden, wenn es die Bieter unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben, oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Aufklärungen bzw. Nachreichungen zu behandeln sind, die nach der gestellten Frist, jedoch vor Bekanntgabe der Ausscheidensentscheidung beim Auftraggeber einlangen. Anders formuliert: Begründet bereits der Terminverlust der Aufklärung oder Nachreichungen einen Ausscheidensgrund?

Bewertungsfähiges Angebot

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 21. 3. 2011 zu Zl 2008/04/0083 klar Stellung bezogen: Im vorliegenden Sachverhalt wurde einer Bietergemeinschaft eine Aufklärungs- und Nachreichungsfrist bis längstens 18. 1. 2011, 15:00 Uhr einlangend, eingeräumt. In der bestandsfesten Ausschreibungsunterlage wurden keine Festlegungen im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Nachreichung getroffen. Das Vergabekontrollverfahren hat ergeben, dass die entsprechenden Aufklärungen oder Nachreichungen erst am 21. 1. 2011, sohin nach Ablauf der genannten Frist, an den Auftraggeber übersandt wurden.

Am 8. 2. 2011 erfolgte die Ausscheidensentscheidung, die fristgerecht angefochten wurde. Die Vergabekontrollbehörde hat den Antrag der Bietergemeinschaft, mit dem die Ausscheidensentscheidung bekämpft wurde, abgewiesen, da die Aufklärung zu spät erfolgte, sodass das Ausscheiden des Angebots bereits gemäß § 129 Abs 2 BVergG zu Recht erfolgt sei. Weitere Ausscheidensgründe wurden in erster Instanz nicht geprüft.

Der VwGH sprach im Wesentlichen aus: „Die Auffassung der belangten Behörde, die Fristversäumung alleine berechtige den Auftraggeber zum Ausscheiden nach § 129 Abs 2 [BVergG], besteht nicht zu Recht. Die Fristversäumung kann nämlich für sich genommen niemals alleiniges Kriterium für ein Ausscheiden eines Angebotes nach § 129 Abs 2 [BVergG] sein." Ziel der genannten Bestimmung ist es, im Wege der Aufklärung von Unklarheiten ein bewertungsfähiges Angebot zu erhalten, daher führte der VwGH weiters aus: „Wird die verlangte Aufklärung nachträglich erteilt und das Angebot damit noch vor einer Ausscheidensentscheidung des Auftraggebers einer Bewertung zugänglich, so wird eine weitere Berücksichtigung des Angebotes nur dann in Betracht kommen, wenn dadurch die Grenzen der oben angeführten Grundsätze des Vergabeverfahrens nicht überschritten werden."

Anders formuliert: Führen verspätete Aufklärungen oder Nachreichungen nicht „automatisch" zum Ausscheiden des Angebotes und zum Verlust der Chance auf Auftragserteilung? Der Auftraggeber hat vor Abschluss der Angebotsprüfung, insbesondere vor einer allfälligen Ausscheidensentscheidung, auch verspätete Aufklärungen oder Nachreichungen – in den Grenzen des § 19 BVergG (z. B. Gleichbehandlungsgebot, fairer und lauterer Wettbewerb) etc. – im Angebotsprüfungsergebnis zu berücksichtigen.

Praxistipp
Bieter sind gut beraten, im Fall der Aufforderung zur Aufklärung oder zur Nachreichung die vom Auftraggeber vorgegebene Frist einzuhalten, um ihr Ziel – die Auftragserteilung – erreichen zu können.

Für den Fall, dass die Aufklärungen oder Nachreichungen nicht binnen der gesetzten (engen) Frist erfolgen können, sollte der Auftraggeber einerseits frühzeitig um eine entsprechende Fristerstreckung ersucht werden. Anderseits sollten jedoch auch im Falle, dass die gesetzte Frist nicht eingehalten werden kann oder keine Fristerstreckung erfolgte, die Nachreichungen oder Aufklärungen möglichst rasch an den Auftraggeber übermittelt werden.

Gemäß der oben dargestellten Judikatur ist nämlich die Chance auf Auftragserteilung nicht bereits durch den Frist­ablauf per se verloren. Allfällige – über das BVergG hinausgehende – Festlegungen in der Ausschreibungsunterlage im Zusammenhang mit der Nachreichung oder Aufklärung sind rechtzeitig zu prüfen und allenfalls anzufechten.

Mag. Matthias Trauner

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Baumaschinenmiete und Haftung

Im Zuge der Erbringung von Bauleistungen werden von Bauunternehmern häufig die benötigten Baumaschinen bzw. -geräte mit oder ohne Bedienungspersonal angemietet.

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Baumaschinenmiete und Haftung

20.05.2011, Matthias Trauner
Bau Geräte Miete Haftung

Im Zuge der Erbringung von Bauleistungen werden von Bauunternehmern häufig die benötigten Baumaschinen bzw. -geräte mit oder ohne Bedienungspersonal angemietet.

Der OGH hat im Zusammenhang mit der Frage, ob und in welchem Umfang eine Haftung des „Baumaschinenmieters" für eine Beschädigung der angemieteten Baumaschine und für die Körperschäden bzw. den Tod des Bedienpersonales besteht, am 13. 10. 2010 zu GZ 3 Ob 145/10k nachstehende (richtungsweisende) Entscheidung getroffen: Sachverhalt: Ein Stahlbauunternehmer mietete von der klagenden Partei für die Ausführung von Bauarbeiten einen Raupenkran samt Kranführer. Im zugrunde liegenden Vertrag wurde ausdrücklich vereinbart, dass sich die Leistung der klagenden Partei auf das „Stellen" der Baumaschine und eines Arbeitnehmers als Kranführer beschränkt und insbesondere das „Anschlagen der Last" in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko des Stahlbauunternehmens erfolgt.

Im Zuge der Bauarbeiten wurde unter Verwendung eines weiteren Krans ein sogenannter „Tandemhub" vorgenommen, um einen 175 t schweren Stahlträger zu heben. Der Kranführer des Raupenkrans deaktivierte die Sicherungseinrichtungen, die den Raupenkran vor Überlastung schützen, bzw. aktivierte den „Rüstmodus", um diesen Hebevorgang durchführen zu können. Durch diesen Hebevorgang wurde die zulässige Belastung des angemieteten Raupenkrans massiv überschritten, sodass der Raupenkran umkippte. Der bedienende Kranführer verstarb infolge dieses Unfalls, und der Raupenkran wurde beschädigt. Im durchgeführten Verfahren wurde festgestellt, dass es der Stahlbauunternehmer zum einen Unterlassen hat, die richtige Lastverteilung zwischen den beiden eingesetzten Kränen vor dem „Tandemhub" zu berechnen, und zum anderen der von der klagenden Partei mit dem Raupenkran überlassene Kranführer während des Hubvorgangs Sicherungseinrichtungen ausgeschaltet hatte.

Diese Schutzeinrichtungen hätten das Heben einer zu schweren Last und das Umkippen verhindern können. Die klagende Partei begehrte vom Stahlbauunternehmer Schadenersatz für die Reparaturkosten des Baukrans, die Ausfallskosten sowie die Begräbniskosten des ums Leben gekommenen Kranführers. Die Vorinstanzen sind in ihren Urteilen, die als Zwischenentscheidungen über den Anspruchsgrund ergangen sind, von einer Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:1 ausgegangen.

Dienstverschaffungsvertrag

Der OGH sprach dementgegen erstmalig aus, dass „die entgeltliche Überlassung einer Arbeitsmaschine samt dem erforderlichen Bedienungspersonales (hier: Raupenkran samt Kranführer) zum eigenverantwortlichen Einsatz durch den Vertragspartner […] einen Sachmietvertrag verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag dar[stellt]. In Bezug auf die Verpflichtung, die Arbeitsmaschine nur so zu gebrauchen, dass sie in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückgestellt werden kann, wird die überlassene Arbeitskraft als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig. Daher hat der Mieter für die schuldhaften Bedienungsfehler der überlassenen Arbeitskraft, die zu einer Beschädigung der Arbeitsmaschine führen, gegenüber dem Vermieter nach § 1313a ABGB einzustehen."

Der OGH qualifizierte den zugrunde liegenden entgeltlichen Vertrag sohin als gemischten Vertrag, der sowohl Elemente eines Mietvertrages wie auch eines Dienstverschaffungsvertrags enthält. Insbesondere verwies der OGH in seiner Begründung auch auf die anzuwendenden Vertragsbestimmung, wonach das „Anschlagen der Last" in Verantwortung und auf das Risiko des Mieters (Stahlbauunternehmers) erfolgt ist und daher für allfällige weitere Auslegungen des Vertrags bzw. Ermittlungen des Willens der Vertragsparteien – die allenfalls zu einem (Mit-)Verschulden des Vermieters bzw. dessen Kranführer führen könnten – kein Anlass besteht.

Darüber hinaus hielt der OGH fest, dass im Zuge des weiteren Verfahrens auch amtswegig die Präklusion der Schadenersatzansprüche wegen der Beschädigung des Mietobjektes zu prüfen ist, da die Geltendmachung derartiger Ansprüche aufgrund eines Mietvertrags gemäß § 1111 ABGB nach Ablauf eines Jahres ab Rückstellung des Mietgegenstands ausgeschlossen ist.

Praxistipp: Mieter von Baumaschinen samt Bedienpersonal sind gut beraten, bereits bei Vertragsabschluss die allfälligen Folgen eines Schadeneintritts aufgrund des Einsatzes der angemieteten Baumaschine bzw. infolge von Fehlverhalten des beigestellten Bedienpersonals zu bedenken. Insbesondere sind für den Fall, dass das beigestellte Personal – wie oben dargestellt – als Erfüllungsgehilfe tätig wird, im Zuge des Einsatzes der Baumaschine entsprechende Kontrollen etc. durch den Baumaschinenmieter vor Ort vorzusehen, um einen Schadenseintritt zu vermeiden.

Darüber hinaus hat sich der Maschinenmieter vor Einsatz der Baumaschine mit den einzuhaltenden Sicherheitsbestimmungen auseinanderzusetzen und auf die Einhaltung derselben zu achten. Weiters ist die Rückstellung der angemieteten Baumaschine zu dokumentieren, um allfällige Schadenersatzansprüche des Vermieters, sofern er diese Ansprüche nicht binnen eines Jahres nach Rückstellung der Baumaschine geltend macht, mit dem Argument der Präklusion des Anspruches abwehren zu können.

Mag. Matthias Trauner
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
Landstraßer Hauptstraße 88/2–4
A-1030 Wien
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Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Zur Preisangemessenheit

Einer der Grundsätze des Vergaberechts ist, dass öffentliche Auftraggeber die ausgeschriebene Leistung nur zu einem angemessenen Angebotspreis vergeben dürfen.

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Zur Preisangemessenheit

27.05.2011, Matthias Trauner
Beschaffung Angebot Zuschlag Angemessenheit Wettbewerb

Einer der Grundsätze des Vergaberechts ist, dass öffentliche Auftraggeber die ausgeschriebene Leistung nur zu einem angemessenen Angebotspreis vergeben dürfen.

Sind entsprechende Anhaltspunkte gegeben, hat der öffentliche Auftraggeber eine „vertiefte Angebotsprüfung“ durchzuführen und den jeweiligen Bieter – im Falle von behebbaren Mängeln – zur fristgerechten Aufklärung aufzufordern. Mit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung sind den nachgereihten Bietern die Merkmale und Vorteile des für den Zuschlag in Aussicht genommen Angebots und die Nachteile des jeweiligen nicht berücksichtigten Angebots mitzuteilen.

Die Angebotssumme des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Angebots ist mitzuteilen. Im Ergebnis erlangt der Bieter – auch wenn keine öffentliche Angebotsöffnung samt Verlesung der Angebotspreise stattgefunden hat (wie z. B. im Verhandlungsverfahren) – Kenntnis vom Angebotspreis des erstgereihten Angebots. In der Folge kann auch der Mitbewerb diesen Angebotspreis und dessen Angemessenheit „prüfen“ bzw. mit der eigenen Kalkulation vergleichen. Der nicht berücksichtigte Bieter kann mittels fristgerechten Nachprüfungsantrag die bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung u. a. mit dem Argument bekämpfen, dass die bekanntgegebene Auftragssumme unangemessen (niedrig) sei. Weites kann vorgebracht werden, dass unzulässige Preisverschiebungen oder Spekulationen vorliegen. Festzuhalten ist, dass dem Antragsteller eines Vergabekontrollverfahrens grundsätzlich Akteneinsicht in den Vergabeakt zu gewähren ist. Beachtlich ist jedoch, dass Aktenteile von dieser Akteneinsicht ausgenommen werden können, wenn sie z. B. Geschäftsgeheimnisse des Mitbewerbs enthalten.

Im Ergebnis ist der Antragsteller, der „nur“ das Argument des „unangemessenen Preises“ für sich hat, in einer ungünstigen Verfahrensposition. Der Verwaltungsgerichtshof hat am 25. 1. 2011, zu Zl 2008/04/0082 klargestellt, dass es die Aufgabe der Vergabekontrollbehörde ist, auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens jene Argumente nachzuprüfen, die von den Verfahrensbeteiligten gegen die Plausibilität des Preises der Zuschlagsempfängerin ins Treffen geführt wurden.

Vertiefte Angebotsprüfung

Das Bundesvergabeamt hat in einer aktuellen Entscheidung (BVA 21. 4. 2011, N/ 0020-BVA/09/2011-28) – soweit ersichtlich erstmalig – klar ausgesprochen, dass vor der Prüfung der Preisangemessenheit bzw. der allfälligen Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung jedenfalls die Frage zu beantworten ist, ob überhaupt ein den Ausschreibungsbestimmungen entsprechendes Angebot vorliegt oder nicht. Eine vertiefte Angebotsprüfung ist nicht notwendig, wenn das Angebot bereits aufgrund der vom Bieter durchgeführten Prüfung als ausschreibungswidriges Angebot zu werten ist. In diesem Sinne sind z. B. Kostenumlagerungen (Mischkalkulation) der Baustellengemeinkosten bzw. der Verrechnungseinheiten in den jeweiligen Einheitspreisen ausschreibungswidrig. Eine solche Ausschreibungswidrigkeit stellt jedenfalls einen unbehebbaren Angebotsmangel dar. Eine dessen ungeachtet durchgeführte vertiefte Angebotsprüfung hätte somit zu keinem anderen Ergebnis führen können und somit keinen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens gehabt.

Das BVA hat klargestellt, dass der Ausscheidensgrund des § 129 Abs 1 Z 3 BVergG einen „Sammeltatbestand“ für sämtliche Fehler in der Preisgestaltung darstellt. Dieser Ausscheidenstatbestand ist immer dann erfüllt, wenn mit den angebotenen Preisen nach den gesetzlichen Vorgaben und den Anforderungen in der Ausschreibung „etwas nicht in Ordnung ist“. Gemäß § 129 Abs 1 Z 7 BVergG hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebots für die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Ergebnisse der Prüfung Angebote u. a. dann auszuscheiden, wenn sie den Ausschreibungsbestimmungen – auch im Hinblick auf die Vorgaben zur Preisgestaltung – widersprechen. Im Ergebnis lagen in der genannten Entscheidung zwei Ausscheidensgründe vor und das Ausscheiden des Angebotes erfolgte zu Recht.

Zusammengefasst hat der öffentliche Auftraggeber vor der Prüfung der Preisangemessenheit, des allfälligen Vorliegens unzulässiger Spekulationen oder von unzulässigen Preisverschiebungen zu prüfen, ob ein Ausschreibungswiderspruch vorliegt oder nicht. Beachtlich ist, dass auch ein im Rahmen eines Vergabekontrollverfahrens beigezogener Sachverständiger als „Hilfskraft“ des Senats an die bestandsfesten Festlegungen zur Preisgestaltung des Auftraggebers in der Ausschreibungsunterlage gebunden ist, sodass es denkbar ist, dass selbst sachlich gerechtfertigte Kalkulationsmaßnahmen infolge des Widerspruchs zu den Festlegungen unzulässig sein können.

Praxistipp: Bieter sind gut beraten, bei der Kalkulation von Angeboten bzw. dem Auspreisen der entsprechenden Preisfelder, die Vorgaben des Auftraggebers strikt einzuhalten. Sollten z. B. Regieleis­tungen, wie etwa die Erbringung von Elektroinstallationsleistungen im Zuge eines „reinen“ Lieferauftrags auszupreisen sein, hat der Bieter diese Auspreisung grundsätzlich vorzunehmen. Für den Fall, dass Preisfelder enthalten sind, die nach Meinung des Bieters „irrtümlich“ in die Ausschreibungsunterlage Eingang gefunden haben, sollte vom Auftraggeber die Berichtigung der Ausschreibungsunterlage bzw. eine Klarstellung vor Ablauf der Angebotsfrist gefordert werden. Der Auftraggeber hat – wie die aktuelle Rechtsprechung des BVA zeigt – Angebote, deren Preisfelder z. B. nicht vollständig befüllt sind oder sogenannte „Nullpreise“ enthalten, bereits wegen des Widerspruchs zu den Ausschreibungsbestimmungen auszuscheiden, ohne dass der Bieter im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung eine Plausibilisierung der Preise und der zugrunde liegenden Kalkulation vornehmen kann.

Mag. Matthias Trauner
Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
Landstraßer Hauptstraße 88/2–4
A-1030 Wien
T +43(0)1/9669-786
www.heid-schiefer.at

Autor/in: Redaktion Bauzeitung

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Juryentscheidung - Niemand haftet?

Was tun, wenn sich die Jury nicht an die Vorgaben der Auslobung hält und der unglückliche Wettbewerbsteilnehmer daher keinen Preis erhält?

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Juryentscheidung - Niemand haftet?

derPlan 01/2015, Seite 12 – ArchIng
Wettbewerb Haftung

Was tun, wenn sich die Jury nicht an die Vorgaben der Auslobung hält und der unglückliche Wettbewerbsteilnehmer daher keinen Preis erhält?

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

Im Zuge von Wettbewerben werden zumeist die (drei) erstgereihten Beiträge mit einem Preisgeld gewürdigt (§ 9 WOA 2010). Dieses deckt zwar selten den echten Aufwand, ist aber dennoch eine gern gesehene finanzielle Anerkennung. Um in den Genuss des Preisgeldes zu kommen, muss der Wettbewerbsbeitrag von einer fachkundig besetzten Jury anhand der festgelegten Auslobungsbedingungen und der Beurteilungskriterien als Preisträger gekürt werden.

So weit, so gut – was geschieht jedoch, wenn die Jury von den Auslobungsbedingungen abweicht oder die Beurteilungskriterien "anders" anwendet? Gerade die Auslobungsbedingungen, wie zB die Vorgabe bestehender Grundgrenzen, zulässige Gebäudehöhen bzw Bauklassen, werden oftmals zugunsten einer innovativen Idee eines Wettbewerbsbeitrags außer Acht gelassen. Die Verfasser von Wettbewerbsbeiträgen, die sich an die vereinbarten Spielregeln gehalten haben, müssen einsehen: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – zu Recht?

Kann der Rechtsweg beschritten werden?

Zunächst stellt sich die Frage, ob ein zu Unrecht unterlegener Wettbewerbsteilnehmer den Rechtsweg überhaupt beschreiten kann (abgesehen von der Hauptfrage, ob dies wirtschaftlich Sinn macht). Dabei ist festzuhalten, dass ein Wettbewerb aus zivilrechtlicher Sicht eine Auslobung iSd § 860 ABGB ist. Überdies wird im Zuge von Planungswettbewerben regelmäßig die umfassendere Wettbewerbsordnung Architektur (WOA 2010) vereinbart. Sowohl das ABGB als auch die WOA sehen auf den ersten Blick die Möglichkeit eines "Ausschlusses des Rechtsweges" vor.

Ähnlich wie bei Preisausschreiben kann auch bei der Auslobung iSd § 860 ABGB ein Ausschluss des Rechtsweges erklärt werden. Die individuellere Wettbewerbsordnung Architektur sieht sogar standardmäßig vor, dass die Jury "in allen Fach- und Ermessensfragen [...] der zu prämierenden Wettbewerbsarbeiten und der Nachrücker unabhängig und endgültig" entscheidet (§ 3 Abs 4 WOA 2010). Diese Bestimmung kommt ebenso einem Ausschluss des Rechtsweges sehr nahe und wird in den meisten Fällen vom Auslober als Freibrief verstanden.

Glücklicherweise ist es egal, ob der Ausschluss des Rechtsweges ausdrücklich erklärt worden ist oder allgemein wegen der (vermeintlichen) Endgültigkeit der Juryentscheidung von vornherein gegeben ist. Es besteht durchaus – bei grober Willkür – die Möglichkeit, die Juryentscheidung vor Gericht zu bekämfpen (Rummel in Rummel, ABGB³, § 860 ABGB, Rz 10; RdW 1992, 236). Trotz aller positiven Stimmung ist festzuhalten, dass die Fehlentscheidung damit zwar aus der Welt geschafft werden kann, aber danach eine "bessere" Entscheidung folgen muss. Angesichts eines langwierigen Zivilprozesses kann der Anspruch auf Anonymität bei der Beurteilung von Wettbewerbsarbeiten wohl nicht mehr (einfach) erfüllt werden.

Haftet der Auslober für seine Jury?

Geht man von einer Fehlentscheidung der Jury aus, so scheint es auf den ersten Blick plausibel, dass der übervorteilte Wettbewerbsteilnehmer vom Auslober zumindest das ihm zustehende Preisgeld einfordert, da die (vom Auslober eingesetzte) Jury willkürlich bzw entgegen den Auslobungsbedingungen entschieden hat. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist dies bedauerlicherweise nicht immer zutreffend, wie die Erfahrung gezeigt hat:

Ein Wettbewerbsteilnehmer hat die Zahlung eines Anerkennungspreises vom Auslober verlangt, ohne dabei konkret zu beweisen, dass dem Auslober beim Ausscheiden seiner Wettbewerbsarbeit oder beim Vorgehen der Jury ein rechtswidriges Verhalten anzulasten gewesen wäre. Vielmehr hat der Kläger die Jury als Erfüllungsgehilfen des Auslobers betrachtet. Die Haftung des Auslobers für einen Erfüllungsgehilfen iSd § 1313a ABGB setzt aber voraus, dass der Auslober dem vermeintlichen Erfüllungsgehilfen (= den Jurymitgliedern) Weisungen erteilen kann. Da der Kläger seinen Anspruch auf eine Fehlentscheidung einer unabhängigen Jury begründet hat und diese eben nicht Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei (Auslober) sein kann, ist das Klagebegehren abgewiesen worden.

Tatsächlich ist die Jury in ihrer Entscheidung – zumindest im Falle eines "üblichen" Wettbewerbs – stets unabhängig (§ 3 Abs 4 WOA 2010). Oftmals legt der Auslober das Schicksal des Wettbewerbs gar in unbekannte Hände, indem er es akzeptiert, dass ein Teil der Jury von unabhängiger, fachkundiger Seite bestellt wird (zB öffentliche Stellen, Nominierung von "Kammerjuroren"). Der Auslober haftet daher nicht für eine Fehlentscheidung einer unabhängigen Jury. Der klagende Wettbewerbsteilnehmer hätte daher korrekterweise die Jury in die Verantwortung ziehen müssen. Ob dies letztlich zum Erfolg führt, ist fraglich bzw derzeit noch nicht ausjudiziert, und die sich daraus ergebenden Problemstellungen sind noch vielfältiger (muss ein Schlichtungsverfahren gemäß § 16 Abs 1 ZTKG gegen die Fachjuroren einer allfälligen Klage vorgelagert werden? Bildet die Jury gar eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und haftet daher jedes Jurymitglied zur ungeteilten Hand? ...).

Im Ergebnis haftet der Auslober also nicht für die (Fehl-)Entscheidung "seiner" Jury, sofern er darlegen kann, dass diese ihre Entscheidung unabhängig – ohne Einflussnahme des Auslobers – getroffen hat. Am besten wird dieser Nachweis gelingen, wenn der Auslober

  • die Bestimmungen der WOA (insbesondere § 3 Abs 4 WOA 2010) in seine Auslobungsunterlage integriert und
  • zumindest einen Teil der Fachjuroren von unabhängiger Seite beistellen lässt.

Der Auslober kann unter diesen Bedingungen sorgenfrei das Ergebnis der Juryentscheidung übernehmen bzw den Empfehlungen der Jury folgen, eine allfällige Fehlentscheidung kann ihm – zum Nachteil des unglücklichen Wettbewerbsteilnehmers – nicht angelastet werden.

Sandro Huber,
Matthias Trauner

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"Schwammige" Zuschlagskriterien

Auch unbestimmte Begriffe können als Zuschlagskriterien herangezogen werden, solange sie plausibel angewendet werden.

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"Schwammige" Zuschlagskriterien

derPlan 07/2015, Seite 12 – ArchIng
Zuschlag Vergabe

Auch unbestimmte Begriffe können als Zuschlagskriterien herangezogen werden, solange sie plausibel angewendet werden.

In der Praxis legen Auftraggeber, insbesondere auch im Bereich der Vergabe von geistigen Dienstleistungen, (Auswahl- bzw) Zuschlagskriterien fest, die für den durchschnittlichen Bieterkreis schwer greifbar sind. Begriffe wie etwa "Wartungsfreundlichkeit" von Beleuchtungssystemen, "Kommunikationsidee" bei der Ausschreibung einer Marketingleistung oder "architektonische Qualität" eines Referenzprojekts im Zuge der Auswahl sind einer objektiven Auslegung kaum zugänglich bzw nicht beurteilbar, da regelmäßig weitere Erklärungen zu diesen Begriffen fehlen.

Beispielsweise ist aktuell im Zuge der "Wartungsfreundlichkeit" von Straßenleuchten von den beurteilenden Personen positiv bewertet worden, dass das Leuchtmittel auf einfache Weise gewechselt werden kann. Gleichzeitig ist allerdings von der Bewertungskommission nicht erkannt worden, dass ein anderes Produkt aufgrund seiner glatten Oberfläche (keine Kühlrippen) weniger Reinigungsaufwand benötigt. Ein durchschnittlicher Betrachter hätte diesen Umstand bei der Bewertung der Wartungsfreundlichkeit sicherlich auf der Habenseite verbucht.

Überprüfung der Fehlentscheidung

Sollte sich der Auftraggeber von der vermeintlichen Fehlentscheidung nicht überzeugen lassen, bietet sich - im Falle eines öffentlichen Auftrags - ein Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung an. Zur Begründung eines derartigen Nichtigkeitsantrags kommen der Vorwurf einer schwammigen bzw undeutlichen Festlegung der Zuschlagskriterien und die Unmöglichkeit der Bestbieterermittlung in Betracht. Nach der Judikatur müssen die vom Auftraggeber gewählten Zuschlagskriterien geeignet sein, dass der Auftraggeber sein Ermessen nach objektiven Gesichtspunkten handhaben kann und dass kein Aspekt willkürlicher Auswahl enthalten ist. Für die Wahl eines solchen Bewertungssystems besteht ein weitgehendes Ermessen des Auftraggebers, wenn die Grundanforderungen, nämlich die Objektivität, die Nichtdiskriminierung etc, erfüllt sind (BVA 12.8.2004, 15N-60/04-19).

Die objektive und transparente Bestbieterermittlung erfordert, dass die Zuschlagskriterien zu konkretisieren sind. Der Auftraggeber hat die Kriterien so zu gestalten, dass der Bieter erkennt, wie sein Angebot nach den Zuschlagskriterien bewertet wird. Aus diesem Grund muss der Bieter wissen, welche Anforderungen unter unbestimmten Begriffen wie "Wartungsfreundlichkeit", "Kommunikationsidee" oder "architektonische Qualität" zu verstehen sind. Nur mit diesem Wissen kann ein Angebot den Wünschen des Auftraggebers bestmöglich entsprechen und auch kalkuliert werden (zB BVA 9.2.2004, 10N-137/03-20).

Der Begriff "architektonische Qualität" - ohne weitere Erklärungen - stellte im Einzelfall eine leere Worthülse dar (BVA 39.3.2004, 15N-06/04-29). Nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde ist es für einen Interessenten vorab nicht erkennbar, nach welchen Aspekten der Auftraggeber die architektonische Qualität der Referenzprojekte beurteilen wird. Es wäre daher reine Glückssache, ob sich ein Interessent zufällig für das passende Referenzprojekt entscheidet und damit seine Auftragschancen erhöht. Demnach muss der Bieter in der Lage sein, anhand der Ausschreibungsbedingungen sein Angebot so zu gestalten, dass es die höchste Bewertung erwarten lässt.

Schwammige Kriterien sind im Vorfeld zu präzisieren

Allerdings kann es auch vorkommen, dass die Vergabekontrollbehörde - nach Anwendung der "schwammigen Kriterien" - zu einem sehr formalistischen, für den unterlegenen Bieter nachteiligen Ergebnis kommt (BVA 11.10.2011, N/0074-BVA/11/2011-40): Solange die Kriterien offengelegt und durchgängig angewendet wurden, liegt kein Rechtsverstoß vor! Begründet wird dies damit, dass es der Rechtsmittelbehörde grundsätzlich verwehrt ist, eine Nachprüfung hinsichtlich der materiellen Richtigkeit der Bewertung vorzunehmen, weshalb bloß die Plausibilität der Bewertung überflogen, aber die Bewertung nicht wiederholt wird.

Aufgrund dieser formalistischen Herangehensweise gilt es, unbestimmte Zuschlagskriterien möglichst im laufenden Vergabeverfahren aufzuzeigen. In erster Linie empfiehlt es sich, ein frühzeitiges Auskunftsersuchen an den Auftraggeber zu richten und die Bewertungsmethodik der "schwammigen" Zuschlagskriterien zu hinterfragen. Sollte die Auskunft nicht zur Aufklärung beitragen, kann die Möglichkeit eines Nachprüfungsantrags gegen die Ausschreibungsunterlagen in Betracht gezogen werden. Diese Vorgehensweise wird wenig genutzt, da sich die Bieter ungern im Vorfeld einer möglichen Auftragsvergabe mit dem potentiellen Auftraggeber vor Gericht treffen wollen. Wer sich aber die Ausschreibungsbedingungen nicht vorteilhaft zurechtlegt, sollte von einer Beteiligung am Vergabeverfahren absehen.

Die Aufklärung von Unklarheiten - sei es im Wege eines Auskunftsersuchens oder gar eines Nachprüfungsverfahrens - bietet aber auch für den Auftraggeber Vorteile. So können allfällige Mängel der Ausschreibung vor Ablauf der Angebotsfrist berichtigt werden. Nach der Angebotsöffnung drohen hingegen der zwingende Widerruf und die Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens, inklusive Zeitverlust und unnötiger (doppelter) Verfahrenskosten.

Sandro Huber,
Matthias Trauner

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Die "neue" Arbeitsgemeinschaft

2015 ist die Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR-Reformgesetz) in Kraft getreten. Sie gilt auch für bestehende Arbeitsgemeinschaften.

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Die "neue" Arbeitsgemeinschaft

derPlan 04/2015, Seite 12 – ArchIng
Arbeitsgemeinschaft Konkurrenzverbot

2015 ist die Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR-Reformgesetz) in Kraft getreten. Sie gilt auch für bestehende Arbeitsgemeinschaften.

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR), auch bekannt als Arbeitsgemeinschaft (ARGE), ist ein beliebtes Instrument für die Zusammenarbeit mehrerer Auftragnehmer im Zuge der Abwicklung von größeren Projekten (zB Generalplanungsaufträge oder General-/Totalunternehmeraufträge). Sie kann formfrei gegründet werden, wobei eine schriftliche Aufzeichnung der wesentlichen Konditionen (zB Gewinn- und Aufwandsverteilung, interne Haftungsbeschränkungen, Umfang der Personal- und Materialbeistellung etc) zu empfehlen ist. Die rechtliche Neugestaltung der Bestimmungen zur ARGE ist in weiten Zügen unspektakulär, kann aber im Hinblick auf Planungsgemeinschaften einige Überraschungen bieten (unternehmerisches, erweitertes Konkurrenzverbot!) und ist aufgrund der Übergangsbestimmungen auch für eine seit langem bestehende Alt-ARGE von Bedeutung.

Namenszusatz

Neu ist, dass eine ARGE nach außen auch als solche erkennbar sein muss und daher neben dem Namen einen Zusatz wie zB ARGE, GesbR (jeweils auch ausgeschrieben) bzw den in der Bauwirtschaft beliebten Begriff "Konsortium" führen muss (§ 1777 ABGB). In Vergabeverfahren manifestiert sich dies bereits seit jeher durch die verpflichtende Abgabe der sogenannten ARGE-Erklärung. So ist es auch in der Bauwirtschaft gebräuchlich, dass sich die erfolgreiche Bietergemeinschaft im Auftragsfall die Bezeichnung ARGE in Kombination mit dem vom Auftraggeber vorgegebenen Projektnamen gibt. Diese Bestimmung der Novelle ist somit - zumindest in der Bauwirtschaft - bereits gelebte Praxis und birgt wenig Überraschung.

Verzinsungspflicht

Von größerer Bedeutung ist die neue Verzinsungspflicht für den Fall, dass ein Gesellschafter Geld nicht rechtzeitig einbringt oder es frühzeitig bzw unbefugt entnimmt (§ 1183 ABGB). In einem solchen Fall werden gesetzliche (unternehmerische) Zinsen von derzeit rund 9% fällig.

Erweitertes Konkurrenzverbot

Vor allem für die Zusammenarbeit von Unternehmen derselben Branche ist die Neuregelung des Konkurrenzverbotes bedeutsam. Dass die Gesellschafter im Hinblick auf ihre ARGE-Tätigkeit keine abträglichen Nebengeschäfte führen dürfen, ist einleuchtend. Nunmehr gilt es aber zu beachten, dass für eine unternehmerische ARGE auch die "unternehmensrechtlichen Vorschriften über Wettbewerbsverbote und deren Rechtsfolgen" gelten (§ 1187 ABGB). Kurzum sind daher auch die entsprechenden Vorschriften des Unternehmensgesetzbuches zu beachten. Dabei ist hervorzuheben, dass ein Gesellschafter "ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder im Geschäftszweig der Gesellschaft [ARGE] Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Gesellschaft als unbeschränkt haftender Gesellschafter teilnehmen" darf (§ 112 Abs. 2 UGB). Daraus ist nun abzuleiten, dass zwei gleichartige Unternehmer durch Gründung einer (Projekt-)ARGE in ihrer weiteren Tätigkeit aus wettbewerblicher Sicht sehr eingeschränkt sind. So könnte ein ARGE-Partner von seinem Kompagnon verlangen, dass dieser keine weitere (gleichartige) ARGE gründet. Ausgehend von einem Planer, der mehrere Projekte mit unterschiedlichen Mitbewerbern betreuen will (Gründung mehrerer projektspezifischer Arbeitsgemeinschaften mit unterschiedlichen ARGE-Partnern), könnte dies unangenehme rechtliche Konsequenzen haben. Sollte die Rechtsprechung künftig diese Bestimmung eng auslegen, würde dies das wirtschaftliche Fortkommen vieler ARGE-Partner maßgeblich negativ beeinflussen. Um als ARGE-Partner deswegen nicht am sprichwörtlichen Abstellgleis oder in einer wirtschaftlichen Sackgasse zu landen, sind entsprechende Vorkehrungen im ARGE-Vertrag zu vereinbaren.

Vorsicht vor den Übergangsbestimmungen für eine bestehende ARGE

Die Änderungen aufgrund des GesbR-Reformgesetzes gelten nicht bloß für Arbeitsgemeinschaften ab dem 1.1.2015, sie werden künftig auch Wirkung für bereits bestehende Gesellschaften entfalten. Hiefür sind zwei Termine von Bedeutung:

  • Ab 1.7.2016 gilt beispielsweise das "erweiterte Konkurrenzverbot" auch für eine bereits vor dem 1.1.2015 gegründete Alt-ARGE. Will man dies verhindern, kann jeder ARGE-Partner frühzeitig eine einseitige Erklärung abgeben, wonach er an den Bestimmungen vor dem GesbR-Reformgesetz festhalten möchte.
  • Ab 1.1.2022 hilft diese Erklärung auch nicht mehr weiter, es gelten dann die Bestimmungen des GesbR-Reformgesetzes umfassend auch für die Alt-ARGE. Hilfreich ist dabei nur noch die Neugestaltung des ARGE-Vertrages.

Möglichkeit der dispositiven Vertragsgestaltung nützen

Wer auf die neuen Bestimmungen wie das erweiterte Konkurrenzverbot verzichten möchte, kann den Umstand nützen, dass auch die neuen Regelungen zur GesbR fast vollständig disponibel sind. Die ARGE-Partner können abweichende Regelungen im ARGE-Vertrag vereinbaren. Bei Gründung einer ARGE empfiehlt es sich, die nicht gewünschten Bestimmungen auszuschließen oder anders zu regeln. Im Falle einer bestehenden Alt-ARGE können die Gesellschafter einvernehmlich abweichende Regelungen treffen, indem sie den ARGE-Vertrag ändern oder ergänzen. Zu empfehlen ist der Ausschluss des unternehmerischen, erweiterten Konkurrenzverbotes iSd § 1187 ABGB (beispielhafte Klausel: Die unternehmensrechtlichen Vorschriften über Wettbewerbsverbote und deren Rechtsfolgen werden einvernehmlich ausgeschlossen).

Sandro Huber,
Matthias Trauner

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NoGo - Rahmenvereinbarung für Planer

Planungsleistungen sollen verbindlich beauftragt werden, eine unverbindliche Rahmenvereinbarung ist daher ungeeignet.

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NoGo - Rahmenvereinbarung für Planer

derPlan 10/2015, Seite 12 – ArchIng
Rahmenvereinbarung Planung Leistung

Planungsleistungen sollen verbindlich beauftragt werden, eine unverbindliche Rahmenvereinbarung ist daher ungeeignet.

Die Rahmenvereinbarung ist in Österreich ein beliebtes Instrument der „Auftragsvergabe“. Ziel einer Rahmenvereinbarung ist es einen oder mehrere potentielle Auftragnehmer auszuwählen, ohne einen verbindlichen Auftrag zu erteilen. Wer also als Rahmenvereinbarungspartner ausgewählt ist, kann weiterhin bloß auf den ersehnten Auftrag hoffen; meist auch vergebens.

Vorteil der Rahmenvereinbarung liegt beim Auftraggeber

Der Nutzen einer Rahmenvereinbarung liegt vorrangig darin, dass ein Auftraggeber geeignete Unternehmer vorab auswählt, die im Bedarfsfall sehr rasch beauftragt werden können. Vor allem im Bereich der Lieferaufträge ist diese Art der „Vergabe“ vorteilhaft. Der Auftraggeber erspart sich unnötige Lagerhaltung, indem er dem aktuellen Bedarf entsprechende Bestellungen durchführt. Wirtschaftlich sinnvolle Anwendungsgebiete sind zB die Tausalzlieferung je nach Witterungslage oder die Lieferung von Kopierpapier bzw Büromaterialien. Dabei ist in der Rahmenvereinbarung eine zu erwartende Menge anzugeben, mit welcher die Bieter kalkulieren können und die den Leistungsumfang nach oben begrenzt.

Demgegenüber hat ein Unternehmer, mit dem eine Rahmenvereinbarung geschlossen wurde, eine weniger positive Ausgangslage. Er verpflichtet sich zur Leistung im Auftragsfall und muss daher stets leistungsbereit sein.

Rahmenvereinbarung für Planungsleistungen als Vorratsbeschaffung

Anders ist die Ausgangslage, wenn der Auftraggeber eine Planungsleistung (geistige Dienstleistung) im Wege einer Rahmenvereinbarung ausschreibt, da eine Projektverwirklichung bloß wahrscheinlich ist oder knapp formuliert: Das Projekt steht noch in den Sternen, aber die Planer sollen schon bereit stehen. In einem solchen Fall ist auf die Grundsätze des Bundesvergabegesetzes (BVergG) zu verweisen, wonach ein Verfahren zur Vergabe von Aufträgen nur dann durchzuführen ist, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zur Vergabe zu bringen (§ 19 Abs. 4 BVergG). Aus diesem Grundsatz der Vergabeabsicht folgt, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens nur zulässig ist, wenn der Auftraggeber rechtlich und wirtschaftlich in der Lage ist, den ausgeschriebenen Vertrag tatsächlich abzuschließen und durchzuführen. Eine Vorratsbeschaffung steht daher im Spannungsfeld zur Vergabeabsicht gemäß § 19 Abs. 4 BVergG.

Eine derartige Vorratsbeschaffung widerspricht auch dem Grundsatz, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung ebenso die Angabe eines Mengengerüstes erfordert. Ist also ein zu erwartendes Auftragsvolumen nicht erkennbar, kann eine Preiskalkulation nach unternehmerisch vernünftigen Gesichtspunkten nicht erfolgen. Nach ständiger Rechtsprechung ist auch der Leistungsumfang (Zeit und Menge) durch die Rahmenvereinbarung zu begrenzen.

Als weiteres Argument ist anzuführen, dass das Instrument der Rahmenvereinbarung nicht missbräuchlich oder in einer Weise angewendet werden darf, durch die der Wettbewerb behindert, eingeschränkt oder verfälscht wird (§ 151 Abs. 5 BVergG).

Die Meinung des Landesverwaltungsgerichts Salzburg

Nach der Ansicht des LVwG Salzburg können die einzelnen Planungsphasen (Projektvorbereitung, Planung, Ausführungsvorbereitung, Ausführung, Projektabschluss) eines einheitlichen Projektes nicht im Wege einer Rahmenvereinbarung vergeben werden (LVwG Salzburg 26.05.2015, LVwG-5/34/28-2015). Dies liegt unter anderem daran, dass diese Planungsphasen wechselseitig in einem engen, teilweise untrennbaren Konnex stehen. Aus technischer Sicht ist dies ein durchaus schlagendes Argument.

Weiters hat das Gericht darauf verwiesen, dass für die Dauer der Laufzeit der Rahmenvereinbarung und den damit einhergehenden Vorhaltekosten des Schlüsselpersonals nicht kalkulierbare Risiken entstehen und diese im Falle einer Nichtbeauftragung beim Rahmenvereinbarungspartner zu Buche schlagen. Die Unverbindlichkeit geht im vorliegenden Fall aber zu Lasten der Unternehmer – insbesondere der KMU - und damit zu Lasten des Wettbewerbs. Die Bereithaltung des Schlüsselpersonals für einen längeren Zeitraum könnte dazu führen, dass andere Aufträge/Angebote für diesen Zeitraum nicht angenommen werden. Auftraggeber mit echter Vergabeabsicht hätten daher mit einem geringeren Wettbewerb zu rechnen.

Das LVwG Salzburg schließt mit der Aussage: „Der in Aussicht gestellte Abschluss einer Rahmenvereinbarung [zur Beschaffung von Planungsleistungen] ist daher im vorliegenden Fall geeignet, konkurrierenden Wettbewerb zu behindern bzw. gar zu unterbinden, was den Grundsätzen des Wettbewerbs- und damit auch des Vergaberechts widerspricht.“

Sandro Huber,
Matthias Trauner

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Vergaberecht - öffentliches Auftragswesen

Das öffentliche Auftragswesen hat in Österreich wie auch in der gesamten Europäischen Union eine außerordentliche wirtschaftliche Bedeutung.

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Vergaberecht - öffentliches Auftragswesen

derPlan 10/2015, Seite 12 – ArchIng
Vergaberecht Öffentliche Auftragsvergabe Rechtsanwalt Auftrag Ausschreibung Wien

Vergaberecht - öffentliches Auftragswesen

Das öffentliche Auftragswesen hat in Österreich wie auch in der gesamten Europäischen Union eine außerordentliche wirtschaftliche Bedeutung: 2015 betrug das Beschaffungsvolumen in Österreich rund 61,7 Mrd. Euro bzw 17,9 % des BIP. Bis in die 1990er Jahre war die Vergabe öffentlicher Aufträge in Österreich rudimentär reglementiert. Die öffentlichen Stellen waren zwar grundsätzlich bei der Vergabe zur Objektivität verpflichtet; Unter-nehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewarben, hatten jedoch kaum rechtliche Möglichkeiten, sich effektiv gegen die willkürliche Vergabe öffentlicher Aufträge zu wehren. Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft änderte sich dies. Aufgrund der EG-Vergaberichtlinien war und ist Österreich verpflichtet, verbindliche Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu normieren und Bietern effektive Rechtschutzinstrumente in die Hand zu geben.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass ua derzeit in Österreich mit dem Bundesvergabegesetz 2018 (BGBl I 65/2018 idF BGBl l I 100/2018 – in der Folge „BVergG“) ein 382 (!) Paragraphen umfassendes Gesetz samt 20 Anhängen gilt, das detaillierte Verfahrensvorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge vorsieht. Im Vordergrund stehen dabei

  • die Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten (insbesondere freier Waren- und Dienstleistungsverkehr),
  • das Diskriminierungsverbot,
  • der Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes,
  • die Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter sowie
  • die Verpflichtung zur Vergabe an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen.

Das BVergG wurde in den Jahren 2007, 2010, 2012 und 2013 umfassend novelliert und mit dem BVergG 2018 nun eine Totalrevision vorgenommen. Weiters ist seit dem Jahr 2012 für Beschaffungen im Sicherheitsbereich das Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 (BGBl I 10/2012 idF BGBl II 65/2018 – in der Folge „BVergGVS“) und im Bereich der Konzessionsvergabe das Bundesvergabegesetz Konzession 2018 (BGBl I 65/2018 idF BGBl I 100/2018) anzuwenden. Weiters werden einzelne gesetzliche Bestimmungen häufig mittels Verordnungen des Bundes bzw der Länder abgeändert (Schwellenwerte bzw Pauschalgebühren).

Bundesvergabegesetz

Das BVergG ist ein komplexes und oft novelliertes Gesetz, das wie folgt aufgebaut ist:

  1. Teil Regelungsgegenstand und Begriffsbestimmungen
  2. Teil Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber (Bund, Länder, Gemeinden und ausgegliederte Rechtsträger)
  3. Teil Vergabeverfahren für Sektorenauftraggeber (öffentliche und private Unternehmen, die in den Bereichen Gas, Wärme, Elektrizität, Wasser, Verkehrsleistungen, Postdienste, Förderung fossiler Rohstoffe sowie der Betrieb von Häfen und Flughäfen)
  4. Teil Rechtsschutz für Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern im Bundesbereich (Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht)
  5. Teil Außerstaatliche Kontrolle und zivilrechtliche Bestimmungen
  6. Teil Straf-, Schluss- und Übergangs-bestimmungen

Die letzte wesentliche Änderung zum BVergG ist am 1.3.2019 mit folgenden wesentlichen Neuerungen in Kraft getreten:

  • Einführung neuer Vergabeverfahren (zB (Innovationspartnerschaft)
  • Grenzüberschreitende Auftragsvergaben
  • Berücksichtigung ökologischer, sozialer und innovativer Aspekte sowie
  • Im Oberschwellenbereich die Pflicht zur elektronischen Abwicklung und
  • die Stärkung des Bestbieterprinzips.

Da es sich beim Vergaberecht um eine wichtige europarechtliche Materie handelt, spielen vor bzw neben den österreichischen Normen auch die geltenden EU-Vergaberichtlinien (vormals: RL 2004/17/EG, RL 2004/18/EG und RL 2009/81/EG) sowie die Rechtsmittelrichtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG idF RL 2007/66/EG) und die Rechtsprechung des EuGH zu vergaberechtlichen Fragen eine wesentliche Rolle.

Die aktuellen EU-Vergaberichtlinien 2014 (RL 2014/24/EU und RL 2014/25/EU) bzw die Konzessionsrichtlinie (RL 2014/23/EU) wurden am 28.3.2014 im EU-Amtsblatt kundgemacht. Diese Richtlinien sind grundsätzlich binnen 24 Monaten in innerstaatliches Recht umzusetzen. Auf Grund dieser EU-Vergaberichtlinien erfolgte die Totalrevision mit dem BVergG 2018:

Neben den speziellen gesetzlichen Vergaberechtsquellen, sind allenfalls auch Selbstbindungsbestimmungen der Auftraggeber zu beachten (zB Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung).

Bedeutung und Komplexität der vergaberechtlichen Bestimmungen machen die Inanspruchnahme vergaberechtlicher Beratung sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für Bieter und Bewerber sinnvoll. Je früher bei einem sich anbahnenden vergaberechtlichen Problem oder sich abzeichnender Differenzen auf das Know-how eines Vergabejuristen zurückgegriffen wird, desto effizienter und erfolgreicher kann dieser helfen.

Der Rechtsschutz für Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern im Bereich der Länder ist in gesonderten Vergabenachprüfungs-gesetzen der Länder geregelt, die – mit geringfügigen Abweichungen – inhaltlich dem 4. Teil des BVergG bzw dem 3. Teil des BVergGVS entsprechen.

Schwellenwerte

Seit 1.1.2020 gelten laut der (unmittelbar anwendbaren) Verordnungen VO (EU) 2019/1827, VO (EU) 2019/1828, VO (EU) 2019/1829, VO (EU) 2019/1830 folgende neue EU-Schwellenwerte (umgesetzt mit BGBl II 358/2019):

Klassischer Bereich:

  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge zentraler Beschaffungsstellen gem Anhang III: > EUR 144.000
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge sonstiger öffentlicher Auftraggeber: < EUR 221.000
  • Direktvergabe mit BM für Liefer- und Dienst-leistungsaufträge: < EUR 130.000
  • Verhandlungsverfahren mit 1 Bieter, geistige DL, wenn Wettbewerb wg Beschaffungskosten unvertretbar:< EUR 110.500
  • Bauaufträge und Baukonzessionen: EUR 5.350.000
  • Direktvergabe mit BM für Bauaufträge: EUR 500.000

Sektorenbereich:

  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge: < EUR 428.000
  • Direktvergabe mit BM für Liefer- und Dienst-leistungsaufträge: < EUR 200.000
  • Bauaufträge: > EUR 5.350.000
  • Direktvergabe mit BM für Bauaufträge < EUR 500.000

Zu beachten ist im Unterschwellenbereich auch die Schwellenwerte Verordnung 2018 (BGBl II 211/2018), mit der zB die Schwelle für die Direktvergabe mit kleiner EUR 100.000,00 bis zum 31.12.2020 festgelegt. Sowie die Schwellenwerte für besondere Dienstleistungen gem Anhang XVI.

Rechtsschutz im Vergaberecht

Das BVergG und die 9 Landesvergabekontrollgesetze sehen effektive Rechtschutzmöglichkeiten vor, mit denen Bewerber bzw Bieter ihr Recht auf ein faires und transparentes Vergabeverfahrens auch durchsetzen können. Das wichtigste Instrument ist dabei der Nachprüfungsantrag, mit dem Entscheidungen des Auftraggebers überprüft und deren Nichtigerklärung erwirkt werden kann. In einigen Bundesländern ist ein (gem Rsp des EuGH nicht obligatorisches) Schlichtungsverfahren „vorgeschaltet“ zB Niederösterreich. Zu beachten sind weitere Gesetzesquellen wie zB das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (BGBl I 33/2013).

Wird das Vergabeverfahren von einem öffentlichen Auftraggeber durchgeführt, der dem Bund zuzuordnen ist (zB Bundesministerium für Finanzen, ASFINAG oder Arbeitsmarktservice), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (vormals das Bundesvergabeamt) über derartige Nachprüfungsanträge. Auch im Falle der Anwendbarkeit des BVergGVS ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gegeben.

Wird das Vergabeverfahren von einem öffentlichen Auftraggeber durchgeführt, der einem Bundesland zuzuordnen ist (zB dem Magistrat der Stadt Wien), ist für Nachprüfungsanträge das Landesverwaltungsgericht des jeweiligen Bundeslandes zuständig.

Kurze Anfechtungsfristen

Von zentraler Bedeutung für ein erfolgreiches Nachprüfungsverfahren ist die Beachtung der äußerst kurzen Anfechtungsfristen, innerhalb der Entscheidungen öffentlicher Auftraggeber auf nationaler Ebene (zB in NÖ auch unter Einrechnung der Dauer eines Schlichtungsverfahrens) bekämpft werden müssen. Welche Anfechtungsfrist im konkreten Fall zur Anwendung kommt, hängt vom Anfechtungsgegenstand sowie der jeweiligen Verfahrensart und vom Auftragswert ab und ist aufgrund der recht komplexen gesetzlichen Regelung und der Rechtsprechung oft nicht einfach zu ermitteln; zumeist beträgt sie 7 oder 10 Tage. Wird die Anfechtungsfrist versäumt, kann eine rechtswidrige Entscheidung in der Regel auf nationaler Ebene nicht mehr bekämpft werden.

Vergaberecht und COVID-19

Im Zusammenhang mit dem faktischen und rechtlichen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie sind im Zusammenhang mit dem Vergaberecht eine Vielzahl von Fragen zu prüfen. Dies ist zB abhängig vom Stadium der Beschaffung, etwa vor Einleitung oder bei Durchführung eines Vergabeverfahrens (Fristen, insbesondere auch Verfahrensart und Ausnahmen zB Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (vgl kumulative Kriterien gem § 35 Abs 1 Z 4. § 36 Abs 1 Z 4 bzw § 37 Abs 1 Z 4 BVergG, insbes „nicht vorhersehen“); Widerruf, Zuschlagsfrist, bzw nach Auftragsvergabe etwa die Zulässigkeit der Anpassung von Leistungen bzw Entgelt und die Schranken der Vertragsanpassung (zB § 365 BVergG und die Rsp EuGH pressetext ua). Weitere Fragstellungen, zB Zivilrecht, sind ebenso zu prüfen.

Disclaimer

(sämtliche Angaben ohne Gewähr und sind kein Ersatz für eine Rechtsberatung. Der Verfasser übernimmt ausdrücklich keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit.

Informationen zu: Vergaberecht, öffentliche Auftragsvergabe, Rechtsanwalt, Auftrag, Ausschreibung, Wien, Österreich, Vergabe, Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Beschaffung, Beschaffungswesen

Matthias Trauner

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Entscheidungsbesprechungen

VwGH: Nebenleistungen eines Baumeisters
VwGH 10.12.2009, 2009/04/0250
„Hochbehälter – Baumeisterarbeiten und geringfügige Fliesenlegerarbeiten"
(Matthias Trauner), siehe link

BVA: (Un-)Verschlossenheit eines Angebotes und Zurücknahme einer Ausscheidensentscheidung
BVA 12. 8. 2010, N/0060-BVA/02/2010-22 – „Zurücknahme einer Ausscheidensentscheidung" und „adhäsives Kuvert" bzw „unverschlossenes Angebot"
(Matthias Trauner), siehe link

VwGH: Anfechtung der Ausscheidensentscheidung und unerfüllbare Ausschreibungsbedingungen
VwGH 20.5.2010, 2007/04/0077
(Matthias Trauner), siehe link

VwGH: Ausscheidensanfechtung(sfrist), Relevanz für den Ausgang und Verfahrensgegenstand
VwGH 29.1.2018, Ra 2016/04/005
(Matthias Trauner), siehe link

LVwG Stmk: Vergabeakt, Vorlage, Auskunftspflicht und keine mündliche Verhandlung
LVwG Steiermark 7.10.2019, LVwG 443.8-1962/2019-23
(Matthias Trauner), siehe link

LVwG Stmk: Versicherungsleistung und Maklerprovisionsleistung durch Auftragnehmer („Kostenüberwälzung“), Bereitstellung der Ausschreibungsunterlagen
LVwG Steiermark 3.6.2020, LVwG 44.20-3053/2019-14
(Matthias Trauner), siehe link

Presse

Ausbau: Der Weg nach Balkonien
Die Presse, Print-Ausgabe, 27.06.2011, siehe link

Zank um millionenschwere Asyl-Container
Die Presse, Print-Ausgabe, 09.09.2015 , siehe link , Download (PDF)

Buchrezensionen

Anwalt Aktuell, das Magazin für erfolgreiche Juristen und Unternehmer, siehe link

Handbücher

Co-Autor Handbuch des Vergaberechtes, 3. Auflage, Hrsg Heid/Preslmayr [2010], siehe link

Mag. Matthias Trauner berät, vertritt und begleitet in allen Rechtsangelegenheiten, insbesondere im Vergabe- und Baurecht. Rechtsanwalt Mag. Matthias Trauner erbringt seine Leistungen inkl Erstgespräch – sofern nicht ausdrücklich schriftlich ausgeschlossen bzw gesondert vereinbart – zu den von der RAK Wien herausgegebenen Muster-Auftragsbedingungen für Rechtsanwälte